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Read Ebook: Im tropischen Busch by Traven B

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Ebook has 145 lines and 10373 words, and 3 pages

Mann, dem man aber achtunggebietende Kr?fte zugestehen durfte; denn die Ebenholzb?ume zu f?llen und sie f?r den Verkohlungsh?gel zuzuhacken, verlangt alles an Kraft, was ein Mensch hergeben kann, und diese harte Arbeit in tropischer Sonnenglut zu verrichten, setzt eine Z?higkeit des K?rpers voraus, die eine schw?chliche oder untergehende Rasse nicht aufbringen k?nnte.

Was mir an diesem Manne eigent?mlicherweise sofort auffiel, war der merkw?rdig traurige Ausdruck seiner Augen und die feine Gliederung seiner sch?nen, schmalen H?nde, deren rassiger Bau so ehern unverw?stlich war, dass die harte Arbeit des Holzf?llens ihre edle Form nicht beeinflussen konnte. Er trug einen d?nnen Schnurrbart und am Kinn d?nne Flusen, die er wahrscheinlich f?r einen Vollbart hielt.

Ich setzte mich zu ihm nieder, gab ihm Tabak, und wir kamen nach und nach ins Erz?hlen.

,,Sie haben richtig geraten, Se?or, meine Vorfahren sind einst stolze F?rsten unter den Panukesen gewesen, angesehen weit ?ber die Grenzen der benachbarten St?mme hinaus. Der letzte jener Edlen wurde von den Spaniern geh?ngt wegen Rebellion gegen die Fremdherrschaft. W?re es seiner Frau und seinen Kindern nicht rechtzeitig gegl?ckt, in die Berge zu fl?chten, wohin zu folgen die Spanier sich f?rchteten, s?sse ich nicht hier. Das war in jener Woche, in der die Spanier ein Blutbad unter meinem Volke anrichteten mit dem H?ngen von f?nfhundert H?uptlingen, unter denen mein Vorfahr sich befand."

,,Glauben Sie, dass dieses Land jemals wieder zu solcher Macht gelangen wird, als es besass, ehe die Spanier kamen?"

Ich weiss, dass dies in nicht ferner Zeit der Fall sein wird, aber ich wollte es doch von einem Indianer best?tigt h?ren.

,,Der Schicksalsweg unsers Volkes ist langsam. Wir haben Zeit. Die weissen M?nner haben keine Zeit. Aber k?nnen Sie nicht h?ren, Se?or, wie alle nichtweissen V?lker der Erde ihre Glieder regen und strecken, dass man das Knacken der Gelenke ?ber die ganze Welt vernehmen kann?"

Etwas unsicher sagte ich: ,,Dagegen werden wir uns zu wehren wissen."

,,Womit?" fragte er ruhig und ohne jede Ironie. ,,Womit? Mit Ihrer Zivilisation? Die ist nicht stark genug, Se?or. Sie hat ja keine tragende Idee. Ihre Zivilisation wird nur von einem einzigen Gedanken geleitet, und der heisst: Geld. Mit Geld kann man Gesch?fte machen, aber keine Seelen erwerben."

Ich jagte heim und st?rzte wieder ?ber die B?cher her. Neue Fragen hatten sich mir aufgedr?ngt, und ich suchte nach L?sungen, suchte nach einer Andeutung dessen, was uns bevorstand. Wenn irgendwo, dann war in diesen B?chern der Schl?ssel zu finden zu jenem grossen Tor, dessen ?ffnung mich die Zukunft unsrer Rasse sehen liess.

Wie im Fieber las ich und las, fiel nach Mitternacht wie mit Blei ausgef?llt in mein Bett und stand auf bei den ersten Strahlen der Sonne mit dumpfen Gliedern. Doch als meine Schl?fen zu h?mmern begannen, mein Blut durch die Adern raste, als wolle es jeden Augenblick ?berkochen, zwang ich mich gewaltsam zur Ruhe und zu mehr gleichm?ssigem Studium. Auf diese Weise zog ich einen erheblich gr?sseren Gewinn aus meinem Lesen. Ich fing an, ernsthaft zu studieren, anstatt nur zu lesen.

Nichtsdestoweniger aber lebte ich in einem andern Zeitalter. Ohne Gelegenheit, zu einem Menschen zu sprechen oder eine menschliche Stimme zu h?ren, vergass ich Zeit und Ort und meine eigne Person. Ich konnte sprechen wie jene Personen, die in den B?chern erschienen, oder glaubte wenigstens, es zu k?nnen; ich konnte deren Gedanken denken, ich konnte in meiner Vorstellung deren Ideen ?ber Welt und Leben wachrufen, ohne dass mir der Vorgang selbst zum Bewusstsein kam.

Diese Gef?hle waren besonders stark am Abend und in den fr?hen Nachtstunden, wenn alle T?ren des Bungalows weit offen standen und der ewig singende Busch mir im Ohr summte.

Der Nachtbesuch

Es war eines Abends zwischen zehn und elf etwa, als ich meine Augen erhob von einem Buche ?ber die Zivilisation der Tezkuken. Nein, um genau zu sein, ich war gezwungen, meine Augen zu erheben, denn ich hatte das Empfinden, dass jemand im selben Zimmer war mit mir, und dass ich seit einiger Zeit aufmerksam beobachtet wurde.

Ich wendete den Kopf. In der Mitte des Raumes stand ein Indianer. Kein Zweifel, er stand dort seit einer geraumen Weile. Sein Blick ruhte auf meinem Gesicht, und geduldig wartete er darauf, dass ich ihn anreden m?chte.

In diesem Augenblick war ich f?hig, genau die Zeile, ja das Wort zu zeigen, das ich in dem Augenblick las, in dem der Mann das Zimmer betreten hatte. Es waren wenigstens zehn Minuten seitdem verflossen.

Augenscheinlich war der Mann die Holztreppe, die zur Veranda f?hrte, heraufgekommen und ger?uschlos eingetreten.

Es ist hier nicht Sitte, irgendein Haus, und sei es noch so primitiv, zu betreten, ehe man sich nicht durch einen Gruss oder ein Rufen bemerkbar gemacht und der Inwohner gesagt hat: ,,Pase!" Die Mehrzahl der H?user, die der Indianer alle, haben keine T?ren, und wenn sie welche haben, werden sie mit Bast oder einem Bindfaden geschlossen. Ginge man auch nur bis vor die offene T?r, ohne dass man sich durch ein Ger?usch ank?ndigte, w?rde man die Hausbewohner oftmals in die allerpeinlichste Verlegenheit bringen, weil die H?tten ja nur einen Raum haben.

Dieser Mann hatte sicherlich verschiedene Male gerufen, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Da ich aber so versunken in mein Studium war, hatte ich es nicht geh?rt, und er, mich am offenen Fenster lesen sehend, war dann z?gernd ins Haus gekommen, weil er mich aus irgendeinem Grunde sprechen musste und keine andre M?glichkeit sah, sich bemerkbar zu machen.

Da stand er, bewegungslos wie eine S?ule. Als ich ihn ansah, beugte er ein Knie, ber?hrte mit der flachen Hand den Fussboden, erhob dann die Hand bis zu seinem Scheitel, das Innere der Hand mir zugekehrt, und mit dieser Geste stand er gleichzeitig auf.

Eine seltsame Form der Begr?ssung, dachte ich, eine Art des Grusses, wie ich sie bisher von einem Eingeborenen nicht gesehen hatte.

,,Guten Abend," sagte ich zu ihm auf spanisch.

,,Nacht ist kalt und lang," begann er zu reden. ,,Schweine st?ren mich. Entsetzlich ist es, o Herr, sich nicht verteidigen zu k?nnen. Gebaut mit heiliger Sorgfalt, sicher zu sein f?r die Ewigkeit. Doch es zerf?llt und bricht. Lang ist die Nacht, dunkel und kalt. Denken Sie, o Herr, der Schweine. Schweine sind das Grauen." Er erhob seinen Arm und deutete nach einer bestimmten Richtung.

Nicht wissend, was f?r eine Antwort ich ihm geben sollte, da ich nicht verstand, wovon er ?berhaupt redete, beugte ich mich ?ber mein Buch, um einen Augenblick Zeit zu gewinnen, meine Gedanken, die offenbar in Verwirrung geraten waren, zu ordnen. Es war in der Tat f?r mich nicht ganz klar, ob mein Geist sich in einem Zustand fieberischer Erregung befand als eine Folge des unaufh?rlichen Lesens, oder ob ich ein wirkliches Geschehen erlebte. Die Gedanken fingen an, in meinem Hirn so durcheinanderzuwirbeln, dass ich nicht in der Lage war, zu entscheiden, wo die Wirklichkeit aufh?rte und die Einbildung begann.

Nur um etwas zu reden, sagte ich: ,,Was meinen Sie eigentlich? Um die Wahrheit zu sagen, ich weiss ?berhaupt nicht, wovon Sie sprechen. Reden Sie im Zusammenhang, lieber Mann."

Er aber war bereits gegangen, ebenso ger?uschlos, wie er gekommen war.

Mit einem Satze war ich an der T?r. Ich wollte gewiss sein, ob meine Sinne bereits so weit herunter waren, dass sie mir Erscheinungen vorgaukeln konnten, oder ob ich wirklich soeben einen Menschen gesehen und gesprochen hatte.

Dank den G?ttern, ich war gesund, mein Geist war klar: dort, im bleichen Licht des zunehmenden Mondes sah ich ihn dahinschreiten, schattengleich. Gross war er nicht, mehr von knabenhafter Gestalt, schlank gebaut, reines, unvermischtes Indianerblut.

Ich kehrte zur?ck zu meinem Tisch und versuchte, mich seiner Worte zu erinnern. Seltsam genug, ich konnte seine Worte nicht wiederfinden. Und es kam mir zu Sinn, dass er nicht Spanisch gesprochen hatte, dass er keine Sprache gebraucht hatte, die ich kannte: aber dennoch hatte ich ihn vollst?ndig verstanden, der Inhalt seiner S?tze war mir deutlich, nur der Zusammenhang fehlte mir.

War sein Gruss nicht der gleiche gewesen, wie er bei den alten indianischen V?lkern im Gebrauch war? Aber das war ja offenkundiger Unsinn. Meine B?cher hatten meine Gedanken verwirrt und mich Dinge sehen lassen, die gar nicht da waren.

Aber wenn ich nun seine Erscheinung in mein Ged?chtnis zur?ckrief: er war in Lumpen gekleidet. Das wieder war nichts Auffallendes, denn die meisten Indianer laufen in zerfetzten Hosen und Hemden herum. Hosen? Hemden? Nein, er hatte weder eine richtige Hose noch ein richtiges Hemd angehabt. Die Lumpen, mit denen er behangen war, hatten ausgesehen wie die verrotteten ?berreste eines sehr kostbaren, uralten Stoffes; ein merkw?rdiges phantastisches Gewebe, wie ich mich kaum erinnerte, irgendwo gesehen zu haben, es w?re denn in einem Museum.

Jedoch kein Zweifel bestand dar?ber, dass seine Oberarme, die Enkel seiner F?sse mit Goldreifen geschm?ckt gewesen waren, dass er eine Halskette trug, die ein Goldschmied verfertigt hatte, der ein grosser K?nstler war.

Und dennoch, je deutlicher alle die Einzelheiten in mein Ged?chtnis zur?ckkehrten, desto klarer wurde mir, dass ich nichts von alledem gesehen hatte, was ich glaubte bemerkt zu haben. Ich hatte den armen Indianer lediglich mit all jenen ?usserlichkeiten ausgestattet, die ein Merkmal jener V?lker waren, ?ber die ich gerade las. Die h?chste Zeit, sagte ich zu mir selbst, mit diesen Dingen nun ernsthaft Schluss zu machen und den Weg zu meinem Jahrhundert und zur n?chternen Wirklichkeit, in der die Posts?cke ratternd einige tausend Meilen weit durch die L?fte geworfen werden, zur?ckzukehren.

Ich klappte mein Buch zu und ging zu Bett.

Die drei Schweine

Am n?chsten Morgen bemerkte ich drei Schweine, zwei schwarze und ein gelbes, die sich um das Haus herumtrieben. Ich hatte sie bereits bei zwei, drei andern Gelegenheiten gesehen. Jetzt aber betrachtete ich sie mit Interesse, denn sie erinnerten mich an meinen Besucher in der vergangenen Nacht, der von Schweinen gesprochen hatte. Was diese Schweine jedoch mit ihm zu tun hatten, konnte ich nicht herausfinden.

Sicher waren sie das Eigentum einer der Indianerfamilien, die weiter unten am Abhang des H?henzuges wohnten. Die Schweine werden hier kaum gef?ttert, haben auch keinen Stall, deshalb m?ssen sie herumlaufen und sich ihr Futter selbst suchen. Ihren Besitzer erkennen sie nur daran, dass er ihnen Wasser gibt, sie ab und zu an einen Baum bindet und sie endlich, nachdem er ihnen zwei Wochen lang t?glich einen Sack voll Maiskolben vorgeworfen hat, dem Zweck ihrer Bestimmung zuf?hrt. Aber es kommt nicht vor, dass Schweine sich so weit von ihrem Besitzer entfernt herumtreiben, weil in seiner N?he schon immer einmal ein L?ffel voll gekochter Bohnen vor die T?r fallen k?nnte, die ein Schwein nicht gern missen m?chte.

Jedenfalls konnte ich keinen Zusammenhang mit diesen sehr nat?rlich aussehenden Schweinen und meinem Besucher erkennen. Wenn es seine Schweine waren und er nicht w?nschte, dass sie sich hier oben herumtrieben, so war es sein Gesch?ft und nicht meins, sich um sein Viehzeug zu k?mmern. ?berdies, wenn ich es recht bedachte, war es h?chst eigent?mlich, dass mich der Mann mitten in der Nacht seiner Schweine wegen bel?stigte.

Etwas konnte ich immerhin f?r den Mann tun. Ich warf mehrere Steine nach den Schweinen, und sie verliessen den Vorplatz vor dem Bungalow. Sie gingen aber nicht den Pfad hinunter, der zu ihren Eigent?mern f?hren musste, sondern bogen nach einer Weile von dem Pfad ab und trotteten auf einen H?gel zu, der sich in etwa dreihundert Schritt Entfernung vom Hause befand und v?llig mit dichtem Buschwerk bewachsen war.

Es schien, dass sie dort in der N?he reichlich Futter fanden, denn ich bemerkte, dass sie durch das Geb?sch hin und her krochen f?r eine Weile, bis ich jegliches Interesse an ihnen verlor und die H?hnernester absuchen ging, weil ich Hunger bekam.

Der zweite Besuch

Drei Tage sp?ter, wie gew?hnlich ?ber meinem Buche sitzend, gegen elf Uhr nachts, hatte ich pl?tzlich dasselbe seltsame Gef?hl, das mich in jener Nacht aufgescheucht hatte, als der Indianer in mein Haus gekommen war.

Ein Fr?steln lief mir ?ber den Nacken, als ich, zur Seite blickend, meinen indianischen Besucher im Zimmer stehend fand, mich schweigend aber unverwandt beobachtend.

Dieses Gef?hl des Unbehagens aber verflog sofort, weil mich die Wut packte, die zu verbergen ich mich keineswegs bem?hte, als ich den Mann fragte: ,,Wie sind Sie denn hier hereingekommen? Was denken Sie sich denn eigentlich, dass Sie sich solche Freiheiten erlauben? Das ist doch hier kein ?ffentliches Geb?ude. Das ist ein Privathaus, verstehen Sie? Und ich w?nsche, dass Sie es als ein Privathaus respektieren. Was, zum Teufel, wollen Sie denn eigentlich? Wenn Sie einen Schweinehirten suchen, dann schauen Sie sich doch woanders um."

Ich polterte die S?tze heraus, mehr um mein Sicherheitsgef?hl wiederzugewinnen, und jenes Fr?steln loszuwerden, als um dem Mann wehe zu tun.

Er starrte mich an mit weit ge?ffneten Augen und mit einem Ausdruck des Gesichts, als m?sse er vorsichtig den Sinn meiner S?tze erst ergr?nden, ehe er darauf antworten k?nne. Dann sagte er: ,,Auch ich f?rchte Schweine. Sie sind so grauenhaft! Oh, so sehr grauenhaft!"

Kurz angebunden erkl?rte ich: ,,Das geht mich nichts an. Schlagen Sie die Biester tot und kochen Sie Fett daraus, wenn sie Ihnen unbequem sind. Aber lassen Sie mich nun endlich damit in Ruhe." Ich sah ihm ins Angesicht. Seine Augen blickten so traurig, dass ich pl?tzlich heisses Mitgef?hl mit ihm empfand.

,,Sehen Sie her, o Herr!" Er deutete auf seine Wade.

Gr?sslich! Einige Zoll ?ber dem Kn?chel befand sich eine furchtbar aussehende Wunde.

,,Das haben die Schweine getan." Durch seine Stimme klang jetzt ein Ton, der mich fast zum Weinen gezwungen h?tte. Mein ?berm?detes Gehirn begann sich zu r?chen.

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