Read Ebook: Der Spiegel des Cyprianus by Storm Theodor
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Ebook has 139 lines and 10262 words, and 3 pages
So war wieder einmal der Winter herangekommen, als eines abends ein Mann in der Uniform eines kaiserlichen Feldobristen mit seinem Diener in den Schlosshof geritten kam.--Hager hat er geheissen, und ein hagerer knochiger Mann soll es gewesen sein, mit eckiger Stim und kleinen grimmigen Augen; der struppige strohgelbe Bart--so heisst es--habe ihm wie Strahlen vom Kinn und von den Nasenfl?geln abgestanden. Er nannte sich einen Vetter von dem ersten Gemahl der Gr?fin und war, wie er sagte, nur auf Besuch gekommen; aber er blieb von einer Woche in die andere und wurde allm?hlich als ein st?ndiger Hausgenosse angesehen.--Der Graf hatte sich anf?nglich um den Besuch gar nicht gek?mmert; aber der Obrist zeigte sich bald als einen Meister des edlen Waidwerks, und als der erste Schnee gefallen war, zogen die beiden M?nner zusammen in das Tannendickicht, und von nun an h?rte man fast t?glich das Toben der R?den und das 'Ho Ridoh' der J?ger durch den stillen Wald. Da eines Nachmittags bei einer Sauhatz t?nte das Hifthorn des Obristen aus einem entlegenen Talgrund, wohin er ohne Gefolge mit dem Grafen sich verloren hatte; und als der R?denmann und die J?ger, dem Ruf folgend, dort zusammentrafen, sahen sie das Wildschein verendet zwischen den Tannen liegen; daneben aber lag auch der Graf in seinem Blut. Der Obrist stand auf seinen Jagdspeer gelehnt, das Hifthorn in der Hand. 'Eure Saufedern taugen nichts', sagte er kurz, 'der Keiler hat sie abgeschlagen'; und als alle von Schreck gel?hmt dastanden, blitzte er sie mit seinen kleinen grimmen Augen an: 'Was steht ihr noch! Brecht Zweige zu einer Bahre und tragt euren Herrn ins Schloss!' Und die Leute taten, wie er befohlen hatte.
Der Graf aber ist nicht wieder mit dem Oberst auf die Jagd gezogen. Denn als der alte Hausmeister den Reitknecht nach einem Arzt entsenden wollte, damit die Wunde untersucht w?rde, erhielt er den Bescheid, der Arzt sei nimmer n?tig, der Graf sei schon verschieden.
Und bald ruhte er im Grabgew?lbe bei seiner guten Gr?fin, und der kleine Kuno war ein vater- und mutterloses Kind. Der Obrist aber blieb nach wie vor im Schlosse, und die Gr?fin duldete es, dass unmerklich ein St?ck des Hausregiments nach dem andern in seine Hand ging. Das Gesinde murrte zwar, wenn er sie mit seiner scharfen Stimme anherrschte; aber sie wagten es gleichwohl nicht, sich dem grimmen Manne zu widersetzen.--Auch mit den beiden Knaben machte er sich zu schaffen. Eines Morgens, als Kuno in den Stall hinabkam, stand neben dem Rappen des Obersten ein kleines schwarzes Nordlandsross mit roter goldgestickter Schabracke. 'Das ist dein eigen', sagte der Oberst, der mit hineingetreten war, 'klettere hinauf, so zeig ich dir, wie ein Mann zu Pferde sitzen muss.' Bald sorgte er, dass auch der kleine Wolf ein Ross bekam, und nun lehrte er die beiden Reiten nach den Regeln der Kunst. Nicht lange, so sah man den hagern Obristen auf seinem hochbeinigen Rappen zwischen den beiden Knaben auf ihren kleinen Nordlandsrossen ?ber die Felder reiten. Aber seltsame Reden waren es, die er dabei mit ihnen f?hrte. Wenn sie, wie es bei Kindern geschieht, einmal in Zank gerieten, so b?ckte er sich von seinem hohen Rappen und fl?sterte dem ?ltem zu: 'Du bist der Herr; vom Hof kannst du den Burschen jagen!' und darauf zu dem j?ngern nach der andern Seite: 'Er will's dir zeigen, dass du auf seinem Grund und Boden reitest!' Aber dergleichen Worte bewirkten nur, dass die Knaben sogleich von ihrem Streite abliessen, ja wohl gar von ihren Rossen sprangen und sich weinend in die Arme fielen.
Der Obrist sah scharf; er hatte es wohl bemerkt, wie die Augen der sch?nen Gr?fin, wenn sie den Stiefsohn mit ihrem eignen aus der T?r gehen sah, von pl?tzlicher Finsternis befallen wurden, und wie dann ihre Blicke dem Fortgehenden hastig und feindselig nachjagten.
An einem sonnigen Nachmittage stand er mit ihr in dem W?rzg?rtlein, wo einst die gute Gr?fin der Weisheit des Meisters Cyprianus gelauscht hatte. Als die stolze Frau ?ber die Ringmauer auf die unten liegenden W?lder und Auen hinaussah, sagte er lauernd: 'Der Kuno tritt eine sch?ne Herrschaft an, wenn er zu seinen eigenen Jahren kommt.' Und als sie schwieg und nur mit finstern Augen in die Ferne starrte, setzte er hinzu: 'Euer Wolf ist ein zartes Pfl?nzlein; aber der Kuno scheint f?rs Regiment geboren; langlebig und handfest schaut er aus.'
In diesem Augenblicke kamen auf der Wiese, die in der Tiefe unterhalb des G?rtleins lag, die beiden Knaben auf ihren Rossen dahergeflogen. Sie ritten so dicht nebeneinander, dass die braunen Locken Kunos mit den blonden des kleinen Wolf zusammenwehten. Das Ross des letztern sch?ttelte die M?hne und wieherte laut in den Sonnenschein hinaus. Da erschrak die Mutter und stiess einen Schrei aus; aber Kuno schlang den Arm um seinen Bruder, und indem sie vor?bertrabten, warf er einen stolzen leuchtenden Blick zu den Obenstehenden hinauf.
"Wie gefallen Euch diese Augen, sch?ne Gr?fin?" fragte der Oberst.
Sie stutzte und streifte mit einem unsichern Blick ?ber ihn hin.
"Wie meint Ihr das?" fl?sterte sie dann.
Er aber, die Hand am Kinn, erwiderte ebenso: "Rechnet auf mich, sch?ne Frau; der Oberst Hager ist Euer treuergebener Knecht."
Da raunte sie, und er sah, wie ihr Antlitz totenbleich wurde: "Die Augen w?rden mir besser noch gefallen, wenn sie geschlossen w?ren."
"Und was g?bt Ihr drum, wenn Ihr sie in solcher Sch?nheit erblicken k?nntet?"
Sie legte einen Augenblick ihre weisse Hand in die seine; dann warf sie die gl?nzenden Locken zur?ck und schritt, ohne sich umzublicken, aus dem G?rtlein.
Als eine Stunde sp?ter der kleine Kuno durch die Korridore des obem Stockwerks streifte, sah er den Obristen in einer Fensternische stehen. Der Knabe wollte vor?ber; denn der Mann schaute so unheimlich drein. Aber er wurde angerufen: "Wohin rennst du, Junge?"
"Nach der alten R?stkammer", sagte Kuno, "ich wollte meine Armbrust holen."
"So gehe ich mit dir." Und der Oberst schritt neben dem Knaben her bis zu dem entlegenen Gemache, wo noch immer mit dem schweren Bahrtuch verhangen unter allerlei Gewaffen der Spiegel des Cyprianus stand. Als sie eingetreten waren, schob der Oberst den Eisenriegel vor und stellte sich mit dem R?cken gegen die T?r. Da aber der Knabe die wilden Augen des Mannes sah, schrie er: "Hager, Hager, du willst mich t?ten!"
"Du kannst nicht ?bel raten", sagte der Oberst und griff nach ihm. Aber der Knabe sprang unter seinen H?nden fort und riss seine gespannte Armbrust von der Wand, die er tags vorher dorthin gehangen hatte. Er schoss, und den Eindruck seines Bolzens k?nnt Ihr noch heutzutage in dem schwarzen Eichenget?fel sehen; aber den Obristen traf er nicht.
Da warf er sich in die Knie und rief: "Lass mich leben; ich schenke dir mein kleines Nordlandsross und auch das sch?ne rote Sattelzeug!"
Der finstere Mann stand mit untergeschlagenen Armen vor ihm. "Dein Nordlandsross", erwiderte er, "l?uft mir noch lange nicht schnell genug."
"Lieber Hager, lass mich leben!" rief der Knabe wieder; "wenn ich gross bin, will ich dir mein Schloss geben und alle sch?nen W?lder, die dazu geh?ren!"
"Die will ich b?lder noch bekommen", sagte der Oberst.
Da senkte der Knabe das Haupt und rief: "So ergebe ich mich in die Allbarmherzigkeit Gottes!"
"Das war das rechte Wort!" sagte der b?se Mann. Aber der Knabe sprang noch einmal auf und flog an den W?nden des Gemaches entlang; der Oberst jagte ihn wie ein Wildpret. Als sie aber an den verhangenen Spiegel kamen, verwickelte der Knabe seine F?sse in dem Bahrtuch, dass er j?hlings zu Boden st?rzte. Da war auch der b?se Mann ?ber ihm.-In demselben Augenblick--so wird erz?hlt--als dieser zum Faustschlage ausholte und der Knabe die kleinen H?nde sch?tzend ?ber seinem Herzen kreuzte, stand der alte Hausmeister tief unten im hintersten Verschlage des Kellers, wo ein Knecht mit der Abzapfung eines Fasses Ingelheimer besch?ftigt war. "Hast du nichts geh?rt, Casper?" rief er und setzte das L?mpchen, das er in der Hand gehalten, auf das Fass.
Der Knecht sch?ttelte den Kopf. "Mir war", sagte der Alte, "als h?rte ich den Junker Kuno meinen Namen rufen."
"Ihr irrt Euch, Meister", erwiderte der Knecht; "hier unten h?rt sich nichts!"
Eine Weile stand es an; da rief der Alte wieder: "Um Gott, Casper, da hat es nochmals mich gerufen; das war ein Notschrei aus meines Junkers Kehle!"
Der Knecht fuhr in seiner Arbeit fort. "Ich h?re nur den roten Wein vom Fasse rinnen", sagte er.
Der Alte aber liess sich nicht beruhigen; er stieg in das Schloss hinauf; er ging von T?r zu T?r, erst in dem Erdgeschoss und dann droben in dem oberen Stockwerk. Als er die T?r der entlegenen R?stkammer ?ffnete, da leuchtete ihm der Spiegel des Cyprianus entgegen, auf den die Abendsonne schien. "Wessen ruchlose Hand hat denn das herabgerissen?" murrte der Alte; als er aber das Bahrtuch vom Boden hob, sah er darunter den Leichnam des Knaben und sah die dunkeln Locken ?ber den geschlossenen Augenlidern liegen.
Der alte Mann st?rzte in die Kniee und warf sich jammernd ?ber ihn. Er l?ste die Kleider und suchte an dem K?rper seines Lieblings nach der Spur des Todes. Aber er fand nichts als nur ?ber dem Herzen einen dunkelroten Flecken. Lange blieb er noch finster und gr?belnd auf den Knien liegen. Dann h?llte er den Knaben in das Bahrtuch, nahm ihn auf seine Arme und trug ihn in das Erdgeschoss hinab nach dem Zimmer der Gr?fin. Als er eintrat, sah er die stolze Frau todbleich und zitternd vor dem Obersten stehen, der, wie es schien, halb mit Gewalt ihre Hand erfasst hielt.
Da legte der Alte den Leichnam zwischen die beiden auf den Boden, und fest die Augen auf sie heftend, sprach er: "Der Erbherr Graf Kuno ist tot; Euer S?hnlein, Frau Gr?fin, ist jetzt der Erbe dieser Herrschaft."
Es mochte ein Monat nach dem Begr?bnis des jungen Erbherrn sein, da lehnte die Gr?fin eines Nachmittags an dem Gel?nder eines kleinen S?llers, der ?ber der Tiefe schwebend von ihrem Zimmer den Austritt in die freie Luft gestattete. Der kleine Wolf stand neben ihr und betrachtete eine Schar von V?geln, welche in den Wipfeln der von unten heraufragenden F?hren und Eichen mit lautem Geschrei ihr Wesen trieben.
"Sieh nur!" sagte die Gr?fin. "Sie beschreien den Kauz; dort sitzt er neben dem Astloch in der Eiche." Und sie wies mit dem Finger vor sich hin.
Des Knaben Augen folgten mit Begierde. "Ich seh ihn schon, Mutter", sagte er; "das ist der Totenvogel; er schrie vor meinem Fenster, als der arme Kuno starb."
"Hol deine Armbrust und schiess ihn!" sagte die Mutter.
Der Knabe sprang aus dem Zimmer, die Treppen hinab und in den Stall. Dort lag die Armbrust neben seinem kleinen Ross. Aber die Sehne war zerrissen; er hatte sie lange nicht gebraucht; denn Kuno war nicht mehr da, der ihm die Bolzen schnitzte und den Holzvogel auf die Stange steckte.--Da lief er in das Schloss zur?ck. Er entsann sich, dass der Bruder seine Armbrust oben in der R?stkammer aufzuh?ngen pflegte. Als er dort in dem entlegenen Teile des Schlosses angekommen war und sich mit M?he durch die schwere Eichent?r gedr?ngt hatte, leuchtete ihm der Spiegel des Cyprianus mit seinem bl?ulichen Schein entgegen. Die Stahlfacetten des Rahmens blitzten im letzten Strahl der Abendsonne. Der Knabe hatte das noch nie gesehen; denn wenn er auch einmal mit dem Bruder hierher gekommen, so war doch das Kunstwerk stets mit dem schweren Bahrtuch verhangen gewesen. Jetzt stand er davor und besah staunend sein eigenes Bild in diesem Glanze; er schien die Armbrust ganz vergessen zu haben.--Es musste indessen ausser ihm selbst noch etwas in dem Spiegel sein, das seinen ganzen Sinn gefangen nahm; denn er kniete nieder und legte die Stirn an das Glas, um so nahe als m?glich hineinzuschauen.
Pl?tzlich aber griff er mit beiden H?nden nach dem Herzen. Dann sprang er mit einem Wehschrei in die H?he. "Hilfe!" schrie er, "Hilfe!" und noch einmal mit durchdringendem Zeter: "Hilfe!" Da h?rte es die Mutter unten auf dem S?ller; und in Todesangst irrte sie von Gang zu Gang, von T?r zu T?r. "Wolf! Wo bist du, Wolf?" rief sie; "so gib doch Antwort!" Und endlich kam sie in die rechte T?r. Da lag ihr Kind, sich im Todeskampfe auf dem Boden windend.
Sie warf sich ?ber ihn. "Wolf! Wolf! Was ist geschehen?"
Der Knabe regte die verblassten Lippen. "Es hat mir einen Schlag aufs Herz getan", stammelte er.
"Wer, wer tat es?" fl?sterte die Mutter. "Wolf, sprich nur ein einziges Wort noch; wer hat das getan?"
Der Knabe wies mit erhobenem Finger in den Spiegel.--Und das sterbende Kind in ihren Armen haltend, blickte sie vorgebeugt in das Glas des Cyprianus. Aber w?hrend des Schauens trat das Entsetzen in ihr Angesicht, und ihr lichtblaues Auge wurde steinern wie ein Diamant. Denn bei dem Abendschein, der durch die tr?ben Fenster brach, sah sie im tiefsten Grunde wie zusammengeballten Nebel die Gestalt eines Kindes; wie trauernd kauerte es am Boden und schien zu schlafen. Sie warf einen scheuen Blick hinter sich in das Zimmer; aber dort lag nur die D?mmerung in den Winkeln. Wieder, als ob es sie bannte, blickte sie mit gespannten Augen in den Spiegel, und noch immer war es dort.--Da f?hlte sie den Kopf des kleinen Wolf ihren Armen entgleiten, und in demselben Augenblicke sah sie einen leichten Rauch gegen das Spiegelglas ziehen. Wie ein Hauch lief es dar?ber hin. Dann wurde das Glas wieder klar; aber hinter demselben zog es wie ein graues W?lkchen in die Tiefe; und jetzt pl?tzlich sah sie dort im Grunde des Spiegels zwei kleine Nebelgestalten, die sich umschlungen hielten.
Mit einem Schrei sprang die Gr?fin empor; ihr Sohn lag regungslos mit wachsbleichem Antlitz; die offenstehenden blauen Lippen verk?ndeten den Tod.--Sie riss das seidene Wams von seiner Brust; da sah sie den dunkelroten Fleck auf seinem Herzen, den sie kurz zuvor auf der Brust des kleinen Kuno gesehen hatte. "Hager, Hager!" schrie sie--denn das Geheimnis des Spiegels war ihr unbekannt--"das ist deine Faust! Der war dir auch im Wege; aber noch bist du nicht der Herr im Schloss; und ich schw?r's, du sollst es nimmer werden!"
Sie ging hinab; sie suchte ihn; aber der Oberst war eben zur Jagd auf ein benachbartes Schloss geritten und hatte auf den morgenden Tag seine R?ckkunft angesagt.
Der pl?tzliche Tod auch des letzten Grafensohnes verbreitete einen dumpfen Schrecken unter dem Gesinde. Auf Treppen und G?ngen standen sie und raunten miteinander, und wenn die Gr?fin nahte, stahlen sie sich scheu von dannen. Es wurde Nacht. Der Leichnam des kleinen Wolf war hinabgetragen und lag ausgestreckt auf seinem Bettchen in der Kammer. Aber der Gr?fin liess es bei dem Toten keine Ruh. Im hellen Mondenschein, w?hrend alles schlief, stieg sie hinauf nach der R?stkammer. Dort stand sie vor dem Spiegel, der in blauem Schimmer leuchtete, blickte mit starren Augen hinein und wand die H?nde umeinander. Dann wieder, als jage sie ein pl?tzliches Grausen, st?rzte sie aus dem Gemach und rannte durch die G?nge, bis sie die T?r ihres Schlafgemachs erreicht und hinter sich ins Schloss geworfen hatte.--So verging die Nacht.
Als am andern Morgen der Hausmeister in das Zimmer der Gr?fin treten wollte, h?rte er hart und heftig drinnen reden. Er erkannte die Stimme des Obristen, der eben zur?ckgekehrt war; und bald antwortete die Gr?fin in gleicher Weise. Es waren Worte t?dlichen Hasses, die der Alte h?rte. Kopfsch?ttelnd trat er von der T?r zur?ck. "Das sind die Gerichte Gottes!" sprach er und stieg ein paar Treppen h?her nach der Platte des runden Turmes hinauf; denn ihm war, als m?sse er Gottes freie Luft sch?pfen.
Er lehnte sich ?ber die Br?stung und blickte in den sonnigen Morgen hinaus. "Wie sch?n die W?lder gr?nen!" sprach er vor sich hin. "Und sie sind alle tot! Die gute Gr?fin und der Graf, mein Junker Kuno und nun auch der kleine Wolf!"--Da h?rte er unten auf dem Hofe ein Pferd aus dem Stalle ziehen; nicht lange darauf, so donnerte der Galoppschlag ?ber die Zugbr?cke; dann weniger h?rbar draussen auf dem Wege, und dr?berhin aus den Kronen der alten Eichen, die zur Seite standen, flogen die Raben kr?chzend in die Luft.
In demselben Augenblicke kam von unten herauf ein Geschrei der Weiber; und als der Alte hinabgestiegen war, drang es von allen Seiten auf ihn ein, die Gr?fin liege erschlagen in ihrem Blute.--"Wo ist der Oberst?" fragte der Hausmeister. "Fort ist er!" rief der Reitknecht, der vom Hofe heraufkam, "mitsamt seinem hochbeinigen Rappen."
Rasch wurde die Verfolgung von dem Alten angeordnet; aber am andern Morgen kamen alle auf schaumbedeckten Rossen unverrichteter Sache wieder heim. --"So lasst uns denn die Toten begraben", sprach er, "und einen Boten senden an den neuen Herrn dieser sch?nen G?ter!"
"Und so geschah es", schloss die Erz?hlerin ihren Bericht--"die Herrschaft kam an einen Vorfahren Eures Gemahls, welcher der N?chste war dem Blute nach. Der alte Hausmeister soll noch lange nach seinem Antritt dort unten in dem Torh?uschen gewohnt haben, ein treuer W?chter an der Gruft seiner geliebten Herrschaft."
"Das ist eine entsetzliche Geschichte!" sagte die Gr?fin, als die Amme schwieg. "Aber hast du nicht geh?rt, wie der erste Gemahl jener ungl?cklichen Frau geheissen hat?"
"Freilich", erwiderte die Alte, "ihr Witwenname steht auf dem Rahmen des Bildes." Und hierauf nannte sie eines der ersten Adelsgeschlechter.
"Seltsam!" sagte die Gr?fin, "so ist sie meine Urahne!"
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