Read Ebook: Die Jüdin von Toledo Historisches Trauerspiel in fünf Aufzügen by Grillparzer Franz
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Ebook has 572 lines and 17182 words, and 12 pages
Edition: 10
Die J?din von Toledo
Franz Grillparzer
Historisches Trauerspiel in f?nf Aufz?gen
Personen:
Ort der Handlung: Toledo und Umgebung
Zeit: um das Jahr 1195
Erster Aufzug
Im k?niglichen Garten zu Toledo.
Isaak, Rahel und Esther kommen.
Isaak. Bleib zur?ck, geh nicht in Garten! Weisst du nicht, es ist verboten? Wenn der K?nig hier lustwandelt, Darf kein J?d'--Gott wird sie richten!-- Darf kein J?d' den Ort betreten.
Rahel . La, la, la, la.
Isaak. H?rst du nicht denn?
Rahel. Ei, wohl h?r ich.
Isaak. Nun, und weichst nicht?
Rahel. H?r, und weiche doch nicht.
Isaak. Je, je, je! Was sucht mich Gott? Gab doch meinen Deut den Armen, Hab gebetet und gefastet, Weiss nicht, wie Verbotnes schmecket, Je, und dennoch sucht mich Gott!
Rahel . Ei, was zerrst du mich am Arme? Und ich bleib und gehe doch nicht. Ich will mal den K?nig sehen; Und den Hof und all ihr Wesen, All ihr Gold und ihr Geschmeide. Soll ein Herr sein, weiss und rot, Jung und sch?n, ich will ihn sehn.
Isaak. Und wenn dich die Knechte fangen?
Rahel. Ei, ich bitte mich wohl los.
Isaak. Ja, wie deine Mutter, gelt? Die sah auch nach schmucken Christen, War nach Misraims T?pfen l?stern. Hielt ich sie nicht streng bewacht, Glaubt' ich--nu, Gott wird verzeihen!-- Deine Torheit stamme dorther, Sei ein Erbteil schn?der Christen. Da lob ich mein erstes Weib, Deine Mutter, brav wie du, Wenn auch arm. Was n?tzte mir Auch der Reichtum jener zweiten? Hat sie nicht damit geschaltet, Schmaus und Gastgebot gehalten, Schmuck gekauft und Edelstein? Schau! sie ist wohl ihre Tochter! Hat sie sich nicht rings behangen, Prangt sie nicht in stolzen Kleidern, Als ein Babel anzusehn?
Rahel . Bin ich nicht sch?n, Bin ich nicht reich? Und sie ?rgern sich, Und mich k?mmert's nicht. La la la la.
Isaak. So geht sie auf reichen Schuhen; N?tzt sie ab, fr?gt nichts danach, Jeder Schritt gilt einen Dreier. Hat im Ohr ihr reich Geschmeide, Kommt ein Dieb und nimmt ihr's ab, F?llt's in Busch, wer findet's wieder?
Rahel . Sieh, so schraub ich's los und halt es. Wie das blitzt und wie das flimmert! Und doch acht ich's so geringe, Wenn mir's einf?llt, schenk ich's dir, Oder werf es von mir. Sieh!
Isaak . Weh, o weh! Wo flog es hin? Weh, o weh! Wie find ich's wieder?
Esther. Ei, was kommt dich an? Das Kleinod--
Rahel. Glaubst du denn, ich sei so t?richt Und verschleuderte das Gut? Sieh! ich hab's, halt's in der Hand, H?ng es wieder in mein Ohr, Weiss und klein, zum Schmuck der Wange.
Isaak . Weh! Verloren!
Rahel. Vater, kommt nur! Seht, das Kleinod ist gefunden, 's war ja Spass nur.
Isaak Dass dich Gott--! So zu spassen! Und nun komm!
Rahel. Vater, jedes, nur nicht dies. Ich muss mal den K?nig sehen, Und er mich, ja, ja, er mich. Wenn er kommt und wenn er fragt: Wer ist dort die sch?ne J?din? Sag, wie heisst du?--Rahel, Herr! Isaaks Rahel! sprech ich dann, Und er kneipt mich in die Backen. Heisse dann die sch?ne Rahel. Mag der Neid darob zerplatzen, Wenn sie's ?rgert, k?mmert's mich?
Esther. Vater!
Isaak. Wie?
Esther. Dort naht der Haufen.
Isaak. Herr des Lebens! Was geschieht mir? 's ist Rehabeam und sein Volk. Wirst du gehen?
Rahel. Vater, h?rt doch!
Isaak. Nun, so bleibe! Esther komm! Lassen wir allein die T?rin. Mag der Unrein-H?nd'ge kommen, Sie ber?hren, mag sie t?ten! Hat sie's selber doch gewollt. Esther komm!
Rahel. Je, Vater, bleibt!
Isaak. Immer zu! Komm, Esther, komm!
Rahel. Ich will nicht allein sein! H?rt ihr? Bleibt!--Sie gehn--O weh mir, weh! Ich will nicht allein sein! H?rt ihr? Ach, sie kommen.--Schwester! Vater!
K?nig . Lasst n?her nur das Volk! Es st?rt mich nicht; Denn wer mich einen K?nig nennt, bezeichnet Als H?chsten unter vielen mich, und Menschen Sind so ein Teil von meinem eignen Selbst. Und du, kein mindrer Teil von meinem Wesen, Willkommen mir in dieser treuen Stadt, Willkommen in Toledos alten Mauern. Sieh rings um dich, und h?her poch dein Herz, Denk nur, du stehst an meines Geistes Wiege: Hier ist kein Platz, kein Haus, kein Stein, kein Baum, Der Denkmal nicht von meiner Kindheit Lose. Als ich vor meines b?sen Oheims W?ten, Des K?nigs von Leon, ein vaterloser, Der Mutter fr?her schon beraubten Knabe, Durch Feindes Land, es war mein eignes, floh, Und mich von Stadt zu Stadt Kastiliens B?rger Wie Hehler eines Diebstahls heimlich f?hrten Weil Tod bedr?ute Wirt zugleich und Gast, Und ?brall nun umstellt war meine Spur, Da brachten mich die M?nner, Don Estevan Illan, den l?ngst der Rasen birgt des k?hlen Grabs, Und dieser Mann, Manrique Graf von Lara, Hierher, den Hauptsitz von der Feinde Macht Und bargen mich im Turm von Sankt Roman, Den du dort siehst hoch ob den H?usern ragen. Dort lag ich still, sie aber streuten aus Den Samen des Ger?chts ins Ohr der B?rger. Und als am Tage Himmelfahrt die Menge Versammelt war vor jenes Tempels Pforte Da f?hrten sie mich auf des Turmes Erker Und zeigten mich dem Volk und schrien hinab: Hier mitten unter euch, hier euer K?nig, Der Erbe alter F?rsten, ihres Rechts Und eurer Rechte williger Beschirmer. Ich war ein Kind und weinte, sagten sie. Noch aber h?r ich ihn, den gellen Aufschrei, Ein einzig Wort aus tausend b?rt'gen Kehlen, Und tausend Schwerter wie in einer Hand, Der Hand des Volks. Gott aber gab den Sieg, Die Leoneser flohn; und fort und fort. Ich selber Fahne mehr als Krieger noch Inmitten eines Heers, durchzog das Land Erfechtend mit des Mundes L?cheln Siege; Sie aber lehrten mich und pflegten mein, Und Muttermilch floss mir aus ihren Wunden. Deshalb, wenn andre F?rsten V?ter heissen Des eignen Volks, nenn ich mich seinen Sohn, Denn was ich bin, verdank ich ihrer Treue.
Manrique. Wenn alles, was Ihr seid, vieledler Herr, Nur unsres Beispiels, unsrer Worte Frucht, Dann nehmen wir den Dank und sind des froh, Wenn unsre Lehren, unsre Pflege sich In so viel Ruhm, in so viel Taten spiegeln, Dann ist der Dank so ein' als andre Pflicht. Seht ihn nur an mit Eurem holden Blick; Denn so viel K?n'ge noch in Spanien waren, Vergleicht sich keiner ihm an hohem Sinn. Das Alter ist wohl tadels?chtig sonst, Auch ich bin alt und tadle gern und viel, Und oft hab ich, im Rat mit meiner Meinung Besiegt von seinem f?rstlich hohen Wort, Geheim erbost--heisst das, auf kurze Zeit-- B?s Zeugnis aufgesucht gen meinen Herrn, Ihn eines Fehls, weiss Gott wie gerne, zeihend, Doch immer kehrt' ich tief besch?mt zur?ck, Mir blieb der Neid, und er war fleckenlos.
K?nig. Ei, ei! Der Lehrer auch ein Schmeichler, Lara? Doch wollen wir nicht dies und das bestreiten. Bin ich nicht schlimm, so besser denn f?r Euch, Obgleich der Mensch, der wirklich ohne Fehler, Auch ohne Vorzug w?re, f?rcht ich fast; Denn wie der Baum mit lichtentfernten Wurzeln Die etwa tr?be Nahrung saugt tief aus dem Boden, So scheint der Stamm, der Weisheit wird genannt Und der dem Himmel eignet mit den ?sten, Kraft und Bestehn aus tr?bem Irdischen, Dem Fehler nah Verwandten aufzusaugen. War einer je gerecht, der niemals hart? Und der da mild, ist selten ohne Schw?che. Der Tapfre wird zum Waghals in der Schlacht Besiegter Fehl ist all des Menschen Tugend, Und wo kein Kampf, da ist auch keine Macht. Mir selber liess man nicht zu fehlen Zeit: Als Knabe schon den Helm auf schwachem Haupt, Als J?ngling mit der Lanze hoch zu Ross, Das Aug' gekehrt auf eines Gegners Dr?un, Blieb mir kein Blick f?r dieses Lebens G?ter, Und was da reizt und lockt, lag fern und fremd. Dass Weiber es auch gibt, erfuhr ich erst, Als man mein Weib mir in der Kirche traute, Die wirklich ohne Fehl, wenn irgend jemand, Und die ich, grad heraus, noch w?rmer liebte, W?r' manchmal, statt des Lobs, auch etwas zu verzeihn. Nu, nu, erschrick nur nicht, war's doch nur Scherz! Doch soll den Tag man nicht vor Abend loben Und malen nicht den Teufel an die Wand.
Nun aber, statt zu rechten, lass die Zeit, Die kurzgeg?nnte, uns der Ruh' geniessen. Die Fehden inner Landes sind ged?mpft, Doch r?stet sich, sagt man, der Maure neu Und hofft aus Afrika verwandte Hilfe, Ben Jussuf und sein streitgewohntes Heer. Da gibt's denn neuen Krieg und neue Plage. Bis dahin ?ffnen wir die Brust dem Frieden Und atmen ein die ungewohnte Lust. Ist keine Nachricht da?--Allein vergass ich's? Du siehst ja nicht um dich her, Leonore Und schaust, was wir geschaffen, dir zur Lust?
K?nigin. Was soll ich sehn?
K?nig. O weh doch, Almirante! Wir haben's nicht getroffen, ob bem?ht. Da graben wir nun Tag' und Wochen lang Und hofften, diesen Garten umzustalten, Der nur Orangen tr?gt und Schatten gibt, In einen, wie sie England hegt und liebt, Das strenge Vaterland hier meiner Strengen. Allein sie l?chelt, sch?ttelt still das Haupt.-- So sind sie nun, Britanniens Kinder, alle; Trifft man aufs Haar nicht den gewohnten Brauch, So weisen sie's zur?ck und l?cheln vornehm. Die Meinung mindestens war gut, Lenore, Und so gib nur ein Wort des Danks den M?nnern, Die sich f?r uns, weiss Gott wie lang, bem?ht.
K?nigin. Ich dank Euch, edle Herrn!
K?nig. Nun zu was anderm! Der Tag hat einen Riss. Ich hoffte dir An H?tten, Wiesen, englischen Geschmacks Noch das und dies im Garten rings zu zeigen, Doch ist's verfehlt. Verstell dich nicht, o Liebe! Es ist so, denken wir nicht mehr daran!-- Da bleibt ein St?ndchen denn f?r das Gesch?ft, Eh' span'scher Wein uns Spaniens K?che w?rzt. Ist noch kein Bote von der Grenze da? Toledo haben wir mit Fleiss ersehn, Um nah zu sein der Kundschaft von dem Feinde, Und doch kein Bote?
Manrique. Herr--
K?nig. Was ist's? Wie nur?
Manrique. Ein Bote kam.
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