bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Philotas by Lessing Gotthold Ephraim

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page

Ebook has 217 lines and 10224 words, and 5 pages

Philotas

Gotthold Ephraim Lessing

Ein Trauerspiel

Personen:

Arid?us, K?nig. Strato, Feldherr des Arid?us. Philotas, gefangen. Parmenio, Soldat.

Die Szene ist ein Zelt in dem Lager des Arid?us.

Erster Auftritt.

Philotas.

So bin ich wirklich gefangen?--Gefangen!--Ein w?rdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!--O ihr G?tter! O mein Vater!--Wie gern ?berredte ich mich, dass alles ein Traum sei! Meine fr?hste Kindheit hat nie etwas anders, als Waffen, und L?ger, und Schlachten und St?rme getr?umet. K?nnte der J?ngling nicht von Verlust und Entwaffnung tr?umen?--Schmeichle dir nur, Philotas! Wenn ich sie nicht s?he, nicht f?hlte, die Wunde, durch die der erstarrten Hand das Schwert entsank!--Man hat sie mir wider Willen verbunden. O der grausamen Barmherzigkeit eines listigen Feindes! Sie ist nicht t?dlich, sagte der Arzt, und glaubte mich zu tr?sten.--Nichtsw?rdiger, sie sollte t?dlich sein!--Und nur eine Wunde, nur eine!--W?sste ich, dass ich sie t?dlich machte, wenn ich sie wieder aufriss', und wieder verbinden liess', und wieder aufriss'--Ich rase, ich Ungl?cklicher!--Und was f?r ein h?hnisches Gesicht--itzt f?llt mir es ein--mir der alte Krieger machte, der mich vom Pferde riss! Er nannte mich: Kind!--Auch sein K?nig muss mich f?r ein Kind, f?r ein verz?rteltes Kind halten. In was f?r ein Zelt hat er mich bringen lassen! Aufgeputzt, mit allen Bequemlichkeiten versehen! Es muss einer von seinen Beischl?ferinnen geh?ren. Ein ekler Aufenthalt f?r einen Soldaten! Und anstatt bewacht zu werden, werde ich bedienet. Hohnsprechende H?flichkeit!--

Zweiter Auftritt.

Strato. Philotas.

Strato. Prinz--

Philotas. Schon wieder ein Besuch? Alter, ich bin gern allein.

Strato. Prinz, ich komme auf Befehl des K?nigs--

Philotas. Ich verstehe dich! Es ist wahr, ich bin deines K?nigs Gefangener, und es stehet bei ihm, wie er mir will begegnen lassen-- Aber h?re, wenn du der bist, dessen Miene du tr?gst--bist du ein alter ehrlicher Kriegsmann, so nimm dich meiner an, und bitte den K?nig, dass er mir als einem Soldaten, und nicht als einem Weibe begegnen lasse.

Strato. Er wird gleich bei dir sein; ich komme, ihn zu melden.

Philotas. Der K?nig bei mir? und du k?mmst, ihn zu melden?--Ich will nicht, dass er mir eine von den Erniedrigungen erspare, die sich ein Gefangener muss gefallen lassen.--Komm, f?hre mich zu ihm! Nach dem Schimpfe, entwaffnet zu sein, ist mir nichts mehr schimpflich.

Strato. Prinz, deine Bildung, voll jugendlicher Anmut, verspricht ein sanftres Gem?t.

Philotas. Lass meine Bildung unverspottet! Dein Gesicht voll Narben ist freilich ein sch?ners Gesicht--

Strato. Bei den G?ttern! eine grosse Antwort! Ich muss dich bewundern und lieben.

Philotas. M?chtest du doch, wenn du mich nur erst gef?rchtet h?ttest.

Strato. Immer heldenm?tiger! Wir haben den schrecklichsten Feind vor uns, wenn unter seiner Jugend der Philotas viel sind.

Philotas. Schmeichle mir nicht!--Euch schrecklich zu werden, m?ssen sie mit meinen Gesinnungen gr?ssre Taten verbinden. Darf ich deinen Namen wissen?

Strato. Strato.

Philotas. Strato? Der tapfre Strato, der meinen Vater am Lykus schlug?--

Strato. Gedenke mir dieses zweideutigen Sieges nicht! Und wie blutig r?chte sich dein Vater in der Ebene Methymna! So ein Vater muss so einen Sohn haben.

Philotas. O dir darf ich es klagen, du w?rdigster der Feinde meines Vaters, dir darf ich mein Schicksal klagen.--Nur du kannst mich ganz verstehen; denn auch dich, auch dich hat das herrschende Feuer der Ehre, der Ehre f?rs Vaterland zu bluten, in deiner Jugend verzehrt. W?rest du sonst, was du bist?--Wie habe ich ihn nicht, meinen Vater, seit sieben Tagen--denn erst sieben Tage kleidet mich die m?nnliche Toga--wie habe ich ihn nicht gebeten, gefleht, beschworen, siebenmal alle sieben Tage auf den Knieen beschworen, zu verstatten, dass ich nicht umsonst der Kindheit entwachsen sei, und mich mit seinen Streitern ausziehen zu lassen, die mir schon l?ngst so manche Tr?ne der Nacheiferung gekostet. Gestern bewegte ich ihn, den besten Vater, denn Aristodem half mir bitten.--Du kennst ihn, den Aristodem; er ist meines Vaters Strato.--"Gib mir, K?nig, den J?ngling morgen mit," sprach Aristodem; "ich will das Gebirge durchstreifen, um den Weg nach C?sarea offen zu halten."--"Wenn ich euch nur begleiten k?nnte", seufzte mein Vater.--Er liegt noch an seinen Wunden krank.--"Doch es sei!" und hiermit umarmte mich mein Vater. O was f?hlte der gl?ckliche Sohn in dieser Umarmung!--Und die Nacht, die darauf folgte! Ich schloss kein Auge; doch verweilten mich Tr?ume der Ehre und des Sieges bis zur zweiten Nachtwache auf dem Lager.--Da sprang ich auf, warf mich in den neuen Panzer, strich die ungelockten Haare unter den Helm, w?hlte unter den Schwertern meines Vaters, dem ich gewachsen zu sein glaubte, stieg zu Pferde; und hatte ein Ross schon m?de gespornt, noch ehe die silberne Drommete die befohlne Mannschaft weckte. Sie kamen, und ich sprach mit jedem meiner Begleiter, und da dr?ckte mich mancher wackere Krieger an seine narbigte Brust! Nur mit meinem Vater sprach ich nicht; denn ich zitterte, wenn er mich noch einmal s?he, er m?chte sein Wort widerrufen.--Nun zogen wir aus! An der Seite der unsterblichen G?tter kann man nicht gl?cklicher sein, als ich an der Seite Aristodems mich f?hlte! Auf jeden seiner anfeuernden Blicke h?tte ich, ich allein, ein Heer angegriffen und mich in der feindlichen Eisen gewissesten Tod gest?rzet. In stiller Entschlossenheit freute ich mich auf jeden H?gel, von dem ich in der Ebene Feinde zu entdecken hoffte; auf jede Kr?mmung des Tals, hinter der ich auf sie zu stossen mir schmeichelte. Und da ich sie endlich von der waldigten H?he auf uns st?rzen sahe; ihnen bergan entgegen flog--rufe dir, ruhmvoller Greis, die seligste deiner jugendlichen Entz?ckungen zur?ck--du konntest nie entz?ckter sein!--Aber nun, nun sieh mich, Strato, sieh mich von dem Gipfel meiner hohen Erwartungen schimpflich herabst?rzen! O wie schaudert mich, diesen Fall in Gedanken noch einmal zu st?rzen!--Ich war zu weit vorausgeeilt; ich ward verwundet und--gefangen! Armseliger J?ngling, nur auf Wunden hieltest du dich, nur auf den Tod gefasst,--und wirst gefangen. So schicken die strengen G?tter, unsere Fassung zu vereiteln, nur immer unvorhergesehenes ?bel?--Ich weine; ich muss weinen, ob ich mich schon, von dir darum verachtet zu werden, scheue. Aber verachte mich nicht!-- Du wendest dich weg?

Strato. Ich bin unwillig; du h?ttest mich nicht so bewegen sollen.-- Ich werde mit dir zum Kinde--

Philotas. Nein; h?re, warum ich weine! Es ist kein kindisches Weinen, das du mit deiner m?nnlichen Tr?ne zu begleiten w?rdigest--Was ich f?r mein gr?sstes Gl?ck hielt, die z?rtliche Liebe, mit der mich mein Vater liebt, wird mein gr?sstes Ungl?ck. Ich f?rchte, ich f?rchte; er liebt mich mehr, als er sein Reich liebt! Wozu wird er sich nicht verstehen, was wird ihm dein K?nig nicht abdringen, mich aus der Gefangenschaft zu retten! Durch mich Elenden wird er an einem Tage mehr verlieren, als er in drei langen m?hsamen Jahren, durch das Blut seiner Edeln, durch sein eignes Blut gewonnen hat. Mit was f?r einem Angesichte soll ich wieder vor ihm erscheinen; ich, sein schlimmster Feind? Und meines Vaters Untertanen--k?nftig einmal die meinigen, wenn ich sie zu regieren mich w?rdig gemacht h?tte--wie werden sie den ausgel?sten Prinzen ohne die sp?ttischste Verachtung unter sich dulden k?nnen? Wann ich denn vor Scham sterbe und unbedauert hinab zu den Schatten schleiche, wie finster und stolz werden die Seelen der Helden bei mir vorbeiziehen, die dem K?nige die Vorteile mit ihrem Leben erkaufen mussten, deren er sich als Vater f?r einen unw?rdigen Sohn begibt.--O das ist mehr, als eine f?hlende Seele ertragen kann!

Strato. Fasse dich, lieber Prinz! Es ist der Fehler des J?nglings, sich immer f?r gl?cklicher, oder ungl?cklicher zu halten, als er ist. Dein Schicksal ist so grausam noch nicht; der K?nig n?hert sich, und du wirst aus seinem Munde mehr Trost h?ren.

Dritter Auftritt.

K?nig Arid?us. Philotas. Strato.

Arid?us. Kriege, die K?nige unter sich zu f?hren gezwungen werden, sind keine pers?nliche Feindschaften.--Lass dich umarmen, mein Prinz! O welcher gl?cklichen Tage erinnert mich deine bl?hende Jugend! So bl?hte die Jugend deines Vaters! Dies war sein offenes, sprechendes Auge; dies seine ernste, redliche Miene; dies sein edler Anstand!-- Noch einmal lass dich umarmen; ich umarme deinen j?ngern Vater in dir. --Hast du es nie von ihm geh?rt, Prinz, wie vertraute Freunde wir in deinem Alter waren? Das war das selige Alter, da wir uns noch ganz unserm Herzen ?berlassen durften. Bald aber wurden wir beide zum Throne gerufen, und der sorgende K?nig, der eifers?chtige Nachbar unterdr?ckte, leider! den gef?lligen Freund.--

Philotas. Verzeih, o K?nig, wenn du mich in Erwiderung so s?sser Worte zu kalt findest. Man hat meine Jugend denken, aber nicht reden gelehrt.--Was kann es mir itzt helfen, dass du und mein Vater einst Freunde waren? Waren: so sagst du selbst. Der Hass, den man auf verloschne Freundschaft pfropfet, muss, unter allen, die t?dlichsten Fr?chte bringen;--oder ich kenne das menschliche Herz zu wenig.-- Verz?gere daher, K?nig, verz?gere meine Verzweiflung nur nicht. Du hast als der h?fliche Staatsmann gesprochen; sprich nun als der Monarch, der den Nebenbuhler seiner Gr?sse ganz in seiner Gewalt hat.

Strato. O lass ihn, K?nig, die Ungewissheit seines Schicksals nicht l?nger peinigen.--

Philotas. Ich danke, Strato!--Ja, lass mich es nur gleich h?ren, wie verabscheuungsw?rdig du einen ungl?cklichen Sohn seinem Vater machen willst. Mit welchem schimpflichen Frieden, mit welchen L?ndern soll er ihn erkaufen? Wie klein und ver?chtlich soll er werden, um nicht verwaist zu bleiben?--O mein Vater!--

Arid?us. Auch diese fr?he, m?nnliche Sprache, Prinz, war deines Vaters! So h?re ich dich gern! Und m?chte, meiner nicht minder w?rdig, auch mein Sohn itzt vor deinem Vater so sprechen!--

Philotas. Wie meinst du das?--

Arid?us. Die G?tter--ich bin es ?berzeugt--wachen f?r unsere Tugend, wie sie f?r unser Leben wachen. Die so lang als m?gliche Erhaltung beider ist ihr geheimes, ewiges Gesch?ft. Wo weiss ein Sterblicher, wie b?se er im Grunde ist, wie schlecht er handeln w?rde, liessen sie jeden verf?hrerischen Anlass, sich durch kleine Taten zu beschimpfen, ganz auf ihn wirken?--Ja, Prinz, vielleicht w?re ich der, den du mich glaubst; vielleicht h?tte ich nicht edel genug gedacht, das wunderliche Kriegesgl?ck, das dich mir in die H?nde liefert, bescheiden zu n?tzen; vielleicht w?rde ich durch dich ertrotzt haben, was ich zu erfechten nicht l?nger wagen m?gen; vielleicht--Doch f?rchte nichts; allen diesen "Vielleicht" hat eine h?here Macht vorgebauet; ich kann deinen Vater seinen Sohn nicht teurer erkaufen lassen als--durch den meinigen.

Philotas. Ich erstaune! Du gibst mir zu verstehen--

Arid?us. Dass mein Sohn deines Vaters Gefangener ist, wie du meiner.--

Philotas. Dein Sohn meines Vaters? Dein Polytimet?--Seit wenn? Wie? Wo?

Arid?us. So wollt' es das Schicksal! Aus gleichen Wagschalen nahm es auf einmal gleiche Gewichte, und die Schalen blieben noch gleich.

Strato. Du willst n?here Umst?nde wissen.--Eben dasselbe Geschwader, dem du zu hitzig entgegen eiltest, f?hrte Polytimet; und als dich die Deinigen verloren erblickten, erhob sie Wut und Verzweiflung ?ber alle menschliche St?rke. Sie brachen ein, und alle st?rmten sie auf den einen, in welchem sie ihres Verlustes Ersetzung sahen. Das Ende weisst du.--Nun nimm noch von einem alten Soldaten die Lehre an: Der Angriff ist kein Wettrennen; nicht der, welcher zuerst, sondern welcher zum sichersten auf den Feind trifft, hat sich dem Siege gen?hert. Das merke dir, zu feuriger Prinz; sonst m?chte der werdende Held im ersten Keime ersticken.

Arid?us. Strato, du machst den Prinzen durch deine, zwar freundschaftliche, Warnung verdriesslich. Wie finster er da steht!--

Philotas. Nicht das! Aber lass mich; in tiefe Anbetung der Vorsicht verloren--

Arid?us. Die beste Anbetung, Prinz, ist dankbare Freude. Ermuntere dich! Wir V?ter wollen uns unsere S?hne nicht lange vorenthalten. Mein Herold h?lt sich bereits fertig; er soll gehen und die Auswechselung beschleunigen. Aber du weisst wohl, freudige Nachrichten, die wir allein vom Feinde erfahren, scheinen Fallstricke. Man k?nnte argwohnen, du seist vielleicht an deiner Wunde gestorben. Es wird daher n?tig sein, dass du selbst mit dem Herolde einen unverd?chtigen Boten an deinen Vater sendest. Komm mit mir! Suche dir einen unter den Gefangenen, den du deines Vertrauens w?rdigen kannst.--

Philotas. So willst du, dass ich mich vervielf?ltiget verabscheuen soll? In jedem der Gefangenen werde ich mich selbst erblicken.-- Schenke mir diese Verwirrung.

Arid?us. Aber--

Philotas. Unter den Gefangenen muss sich Parmenio befinden. Den schicke mir her; ich will ihn abfertigen.

Arid?us. Wohl; auch so! Komm, Strato! Prinz wir sehen uns bald wieder.

Add to tbrJar First Page Next Page

 

Back to top