bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Philotas by Lessing Gotthold Ephraim

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

Ebook has 217 lines and 10224 words, and 5 pages

Arid?us. Wohl; auch so! Komm, Strato! Prinz wir sehen uns bald wieder.

Vierter Auftritt.

Philotas.

G?tter! N?her konnte der Blitz, ohne mich ganz zu zerschmettern, nicht vor mir niederschlagen. Wunderbare G?tter! Die Flamme kehrt zur?ck; der Dampf verfliegt, und ich war nur bet?ubt.--So war das mein ganzes Elend, zu sehen, wie elend ich h?tte werden k?nnen? Wie elend mein Vater durch mich!--Nun darf ich wieder vor dir erscheinen, mein Vater! Zwar noch mit niedergeschlagenen Augen; doch nur die Scham wird sie niederschlagen, nicht das brennende Bewusstsein, dich mit mir ins Verderben gerissen zu haben. Nun darf ich nichts von dir f?rchten, als einen Verweis mit L?cheln; kein stummes Trauren; keine, durch die st?rkere Gewalt der v?terlichen Liebe erstickte Verw?nschungen.--

Aber--ja, bei dem Himmel! ich bin zu g?tig gegen mich. Darf ich mir alle Fehler vergeben, die mir die Vorsicht zu vergeben scheinet? Soll ich mich nicht strenger richten, als sie und mein Vater mich richten? Die allzug?tigen!--Sonst jede der traurigen Folgen meiner Gefangenschaft konnten die G?tter vernichten; nur eine konnten sie nicht: die Schande! Zwar jene leicht verfliegende wohl, die von der Zunge des P?bels str?mt; aber nicht die wahre dauernde Schande, die hier der innere Richter, mein unparteiisches Selbst, ?ber mich ausspricht!--

Und wie leicht ich mich verblende! Verlieret mein Vater durch mich nichts? Der Ausschlag, den der gefangene Polytimet,--wenn ich nicht gefangen w?re,--auf seine Seite br?chte, der ist nichts!--Nur durch mich wird er nichts!--Das Gl?ck h?tte sich erkl?ret, f?r wen es sich erkl?ren sollte; das Recht meines Vaters triumphierte, w?re Polytimet, nicht Philotas und Polytimet gefangen!--

Und nun--welcher Gedanke war es, den ich itzt dachte? Nein; den ein Gott in mir dachte--Ich muss ihm nachh?ngen! Lass dich fesseln, fl?chtiger Gedanke!--Itzt denke ich ihn wieder! Wie weit er sich verbreitet, und immer weiter; und nun durchstrahlt er meine ganze Seele!--

Was sagte der K?nig? Warum wollte er, dass ich zugleich selbst einen unverd?chtigen Boten an meinen Vater schicken sollte? Damit mein Vater nicht argwohne--wo waren ja seine eigne Worte--, ich sei bereits an meiner Wunde gestorben.--Also meint er doch, wenn ich bereits an meiner Wunde gestorben w?re, so w?rde die Sache ein ganz anders Ansehn gewinnen? W?rde sie das? Tausend Dank f?r diese Nachricht! Tausend Dank!--Und freilich! Denn mein Vater h?tte alsdenn einen gefangenen Prinzen, f?r den er sich alles bedingen k?nnte; und der K?nig, sein Feind, h?tte--den Leichnam eines gefangenen Prinzen, f?r den er nichts fordern k?nnte; den er--m?sste begraben oder verbrennen lassen, wenn er ihm nicht zum Abscheu werden sollte.

Gut! das begreif' ich! Folglich, wenn ich, ich elender Gefangener, meinem Vater den Sieg noch in die H?nde spielen will, worauf k?mmt es an? Aufs Sterben. Auf weiter nichts?--O f?rwahr; der Mensch ist m?chtiger, als er glaubt, der Mensch, der zu sterben weiss!

Aber ich? ich, der Keim, die Knospe eines Menschen, weiss ich zu sterben? Nicht der Mensch, der vollendete Mensch allein, muss es wissen; auch der J?ngling, auch der Knabe; oder er weiss gar nichts. Wer zehn Jahre gelebt hat, hat zehn Jahre Zeit gehabt, sterben zu lernen; und was man in zehn Jahren nicht lernt, das lernt man auch in zwanzig, in dreissig und mehrern nicht.

Alles, was ich werden k?nnen, muss ich durch das zeigen, was ich schon bin. Und was k?nnte ich, was wollte ich werden? Ein Held.--Wer ist ein Held?--O mein abwesender vortrefflicher Vater, itzt sei ganz in meiner Seele gegenw?rtig!--Hast du mich nicht gelehrt, ein Held sei ein Mann, der h?here G?ter kennt als das Leben? Ein Mann, der sein Leben dem Wohle des Staats geweihet; sich, den einzeln, dem Wohle vieler? Ein Held sei ein Mann--Ein Mann? Also kein J?ngling, mein Vater?--Seltsame Frage! Gut, dass sie mein Vater nicht geh?ret hat! Er m?sste glauben, ich s?he es gern, wenn er Nein darauf antwortete.-- Wie alt muss die Fichte sein, die zum Maste dienen soll? Wie alt? Sie muss hoch genug, und muss stark genug sein.

Jedes Ding, sagte der Weltweise, der mich erzog, ist vollkommen, wenn es seinen Zweck erf?llen kann. Ich kann meinen Zweck erf?llen, ich kann zum Besten des Staats sterben: ich bin vollkommen also, ich bin ein Mann. Ein Mann, ob ich gleich noch vor wenig Tagen ein Knabe war.

Welch Feuer tobt in meinen Adern? Welche Begeisterung bef?llt mich? Die Brust wird dem Herzen zu eng!--Geduld, mein Herz! Bald will ich dir Luft machen! Bald will ich dich deines einf?rmigen langweiligen Dienstes erlassen! Bald sollst du ruhen, und lange ruhen--

Wer k?mmt? Es ist Parmenio.--Geschwind entschlossen!--Was muss ich zu ihm sagen? Was muss ich durch ihn meinem Vater sagen lassen?--Recht! das muss ich sagen, das muss ich sagen lassen.

F?nfter Auftritt.

Parmenio. Philotas.

Philotas. Tritt n?her, Parmenio.--Nun? warum so sch?chtern? So voller Scham? Wessen sch?mst du dich? Deiner, oder meiner?

Parmenio: Unser beider, Prinz.

Philotas. Immer sprich, wie du denkst. Freilich, Parmenio, m?ssen wir beide nicht viel taugen, weil wir uns hier befinden. Hast du meine Geschichte bereits geh?rt?

Parmenio. Leider!

Philotas. Und als du sie h?rtest?--

Parmenio. Ich bedauerte dich, ich bewunderte dich, ich verw?nschte dich, ich weiss selbst nicht, was ich alles tat.

Philotas. Ja, ja! Nun aber, da du doch wohl auch erfahren, dass das Ungl?ck so gross nicht ist, weil gleich darauf Polytimet von den Unserigen--

Parmenio. Ja nun; nun m?chte ich fast lachen. Ich finde, dass das Gl?ck zu einem kleinen Schlage, den es uns versetzen will, oft erschrecklich weit ausholt. Man sollte glauben, es wolle uns zerschmettern, und hat uns am Ende nichts, als eine M?cke auf der Stirne totgeschlagen.

Philotas. Zur Sache!--Ich soll dich mit dem Herolde des K?nigs zu meinem Vater schicken.

Parmenio. Gut! So wird deine Gefangenschaft der meinigen das Wort sprechen. Ohne die gute Nachricht, die ich ihm von dir bringen werde, und die eine freundliche Miene wohl wert ist, h?tte ich mir eine ziemlich frostige von ihm versprechen m?ssen.

Philotas. Nein, ehrlicher Parmenio; nun im Ernst! Mein Vater weiss es, dass dich der Feind verblutet und schon halb erstarrt von der Walstatt aufgehoben. Lass prahlen, wer prahlen will; der ist leicht gefangen zu nehmen, den der nahende Tod schon entwaffnet hat.--Wie viele Wunden hast du nun, alter Knecht?--

Parmenio. O, davon konnte ich sonst eine lange Liste hersagen. Itzt aber habe ich sie um ein gut Teil verk?rzt.

Philotas. Wie das?

Parmenio. Ha! Ich rechne nun nicht mehr die Glieder, an welchen ich verwundet bin; Zeit und Atem zu ersparen, z?hle ich die, an welchen ich es nicht bin.--Kleinigkeiten bei dem allem! Wozu hat man die Knochen anders, als dass sich die feindlichen Eisen darauf schartig hauen sollen?

Philotas. Das ist wacker!--Aber nun--was willst du meinem Vater sagen?

Parmenio. Was ich sehe; dass du dich wohl befindest. Denn deine Wunde, wenn man mir anders die Wahrheit gesagt hat,--

Philotas. Ist so gut als keine.

Parmenio. Ein kleines liebes Andenken. Dergleichen uns ein inbr?nstiges M?dchen in die Lippe beisst. Nicht wahr, Prinz?

Philotas. Was weiss ich davon?

Parmenio. Nu, nu; k?mmt Zeit, k?mmt Erfahrung.--Ferner will ich deinem Vater sagen, was ich glaube, dass du w?nschest--

Philotas. Und was ist das?

Parmenio. Je eher, je lieber wieder bei ihm zu sein. Deine kindliche Sehnsucht, deine bange Ungeduld--

Philotas. Mein Heimweh lieber gar. Schalk! warte, ich will dich anders denken lehren!

Parmenio. Bei dem Himmel, das musst du nicht! Mein lieber fr?hzeitiger Held, lass dir das sagen: Du bist noch Kind! Gib nicht zu, dass der rauhe Soldat das z?rtliche Kind so bald in dir ersticke. Man m?chte sonst von deinem Herzen nicht zum besten denken; man m?chte deine Tapferkeit f?r angeborne Wildheit halten. Ich bin auch Vater, Vater eines einzigen Sohnes, der nur wenig ?lter als du, mit gleicher Hitze--du kennst ihn ja.

Philotas. Ich kenne ihn. Er verspricht alles, was sein Vater geleistet hat.

Parmenio. Aber w?sste ich, dass sich der junge Wildfang nicht in allen Augenblicken, die ihm der Dienst frei l?sst, nach seinem Vater sehnte, und sich nicht so nach ihm sehnte, wie sich ein Lamm nach seiner Mutter sehnet: so m?chte ich ihn gleich--siehst du!--nicht erzeugt haben. Itzt muss er mich noch mehr lieben, als ehren. Mit dem Ehren werde ich mich so Zeit genug m?ssen begn?gen lassen; wenn n?mlich die Natur den Strom seiner Z?rtlichkeit einen andern Weg leitet; wenn er selbst Vater wird.--Werde nicht ungehalten, Prinz.

Philotas. Wer kann auf dich ungehalten werden?--Du hast recht! Sage meinem Vater alles, was du glaubest, dass ihm ein z?rtlicher Sohn bei dieser Gelegenheit muss sagen lassen. Entschuldige meine jugendliche Unbedachtsamkeit, die ihn und sein Reich fast ins Verderben gest?rzt h?tte. Bitte ihn, mir meinen Fehler zu vergeben. Versichere ihn, dass ich ihn nie durch einen ?hnlichen Fehler wieder daran erinnern will; dass ich alles tun will, damit er ihn auch vergessen kann. Beschw?re ihn--

Parmenio. Lass mich nur machen! So etwas k?nnen wir Soldaten recht gut sagen.--Und besser als ein gelehrter Schw?tzer; denn wir sagen es treuherziger.--Lass mich nur machen! Ich weiss schon alles.--Lebe wohl, Prinz; ich eile--

Philotas. Verzieh!

Parmenio. Nun?--Und welch feierliches Ansehen gibst du dir auf einmal?

Philotas. Der Sohn hat dich abgefertiget, aber noch nicht der Prinz.-- Jener musste f?hlen; dieser muss ?berlegen. Wie gern wollte der Sohn gleich itzt, wie gern wollte er noch eher, als m?glich, wieder um seinen Vater, um seinen geliebten Vater sein; aber der Prinz--der Prinz kann nicht.--H?re!

Parmenio. Der Prinz kann nicht?

Philotas. Und will nicht.

Parmenio. Will nicht?

Philotas. H?re!

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

 

Back to top