Read Ebook: Alaeddin und die Wunderlampe aus Tausend und eine Nacht by Moreck Curt Staeger Ferdinand Illustrator
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Ebook has 309 lines and 39145 words, and 7 pages
Alaeddin folgte dem Rat seiner Mutter, ass langsam und ruhig, und trank ebenso. Als er fertig war fing er an, seiner Mutter zu erz?hlen, was ihm seit Freitag geschehen war, erz?hlte ausf?hrlich, was er auf seinem Hin- und R?ckwege in den drei grossen S?len, im Garten und auf der Terrasse gesehen, und wie er dort die Wunderlampe geholt habe. Zugleich zog er sie aus seinem Busen und zeigte sie seiner Mutter samt den durchsichtigen und buntfarbigen Fr?chten. Auch gab er ihr die zwei vollen Beutel, aus denen sie sich aber wenig machte. Gleichwohl waren diese Fr?chte Edelsteine, deren sonnenheller Glanz beim Schein der Lampe, welche das Zimmer erhellte, auf ihren grossen Wert h?tte aufmerksam machen sollen; allein Alaeddins Mutter verstand sich auf dergleichen Sachen ebensowenig wie ihr Sohn; weshalb Alaeddin sie hinter eines der Polster des Sofas schob, auf dem er sass.
Alaeddins Mutter hatte die Geduld, diese wunderbare und seltsame, zugleich aber f?r eine Mutter, die ihren Sohn trotz seiner Fehler z?rtlich liebte, so schmerzliche Geschichte ohne Unterbrechung anzuh?ren. Nur bei den r?hrendsten Stellen, wo die Sch?ndlichkeit des afrikanischen Zauberers recht ans Tageslicht kam, konnte sie ihren Abscheu nicht verbergen. Jetzt aber, da Alaeddin geendet hatte, liess sie sich in tausend Schm?hworte gegen den Betr?ger aus; sie nannte ihn einen Verr?ter, einen Schurken, einen Unmenschen, einen Meuchelm?rder, L?gner, Zauberer, einen Feind und Verderber des menschlichen Geschlechts. >>Ja, mein Sohn,<< f?gte sie hinzu, >>er ist ein Zauberer, und die Zauberer sind eine wahre Pest der Menschheit; sie haben verm?ge ihrer Zaubereien und Hexereien Verkehr mit den b?sen Geistern. Gott sei gelobt, der verh?tet hat, dass seine entsetzliche Bosheit ihren Zweck an dir erreichte. Du bist ihm f?r die Gnade, die er an dir getan hat, grossen Dank schuldig; dein Tod w?re unvermeidlich gewesen, wenn du dich nicht seiner erinnert und ihn um Hilfe angefleht h?ttest.<<
Alaeddin schlief die ganze Nacht fest und erwachte am andern Morgen erst sehr sp?t. Er stand auf, und das erste, was er zu seiner Mutter sagte, war, dass er Hunger habe, und sie ihm kein gr?sseres Vergn?gen machen k?nnte, als wenn sie ihm ein Fr?hst?ck g?be. >>Ach, lieber Sohn,<< antwortete sie, >>ich habe auch nicht einen einzigen Bissen Brot; du hast gestern abend den wenigen Vorrat, der noch zu Hause war, aufgegessen. Aber gedulde dich einen Augenblick, so werde ich dir bald etwas bringen. Ich habe etwas Baumwolle gesponnen, die will ich verkaufen, um Brot und einiges zum Mittagessen anzuschaffen.<< - >>Liebe Mutter,<< erwiderte Alaeddin, >>hebe deine Baumwolle f?r ein anderes Mal auf und gib mir die Lampe, die ich gestern mitbrachte. Ich will sie verkaufen, und vielleicht l?se ich so viel daraus, dass wir Fr?hst?ck und Mittagessen, und am Ende gar noch etwas f?r den Abend bestreiten k?nnen.<<
Alaeddins Mutter holte die Lampe und sagte zu ihrem Sohne: >>Da hast du sie, sie ist aber sehr schmutzig. Ich will sie ein wenig putzen, dann wird sie schon etwas mehr gelten.<< Sie nahm Wasser und feinen Sand, um sie blank zu machen, aber kaum hatte sie angefangen, die Lampe zu reiben, als augenblicklich in Gegenwart ihres Sohnes ein scheusslicher Geist von riesenhafter Gestalt vor ihr aufstand und mit einer Donnerstimme zu ihr sprach: >>Was willst du? Ich bin bereit, dir zu gehorchen als dein Sklave und als Sklave aller derer, die die Lampe in der Hand haben, sowohl ich, als die andern Sklaven der Lampe.<<
Alaeddins Mutter war nicht imstande zu antworten. Ihr Auge vermochte die abscheuliche und schreckliche Gestalt des Geistes nicht zu ertragen, und sie war gleich bei seinen ersten Worten vor Angst in Ohnmacht gefallen.
Alaeddin dagegen ergriff schnell die Lampe und antwortete statt seiner Mutter mit festem Tone: >>Ich habe Hunger, bring mir etwas zu essen.<< Der Geist verschwand und kam im Augenblick wieder mit einem grossen silbernen Becken auf dem Kopfe, worin sich zw?lf verdeckte Sch?sseln von demselben Metall voll der besten Speisen nebst sechs Broten vom weissesten Mehl befanden, und zwei Flaschen des k?stlichsten Weines, nebst zwei silbernen Schalen in der Hand. Er stellte alles zusammen auf den Sofa und verschwand sogleich.
Alaeddins Mutter kam wieder zu sich. >>Liebe Mutter,<< sagte Alaeddin zu ihr, >>steh auf und iss: hier sind Sachen genug, um dein Herz zu st?rken und zugleich meinen grossen Hunger zu befriedigen. Wir wollen diese guten Speisen nicht kalt werden lassen, sondern essen.<<
Die Mutter war erstaunt, als sie das grosse Becken, die zw?lf Sch?sseln, die sechs Brote, die zwei Flaschen nebst den zwei Schalen erblickte und den k?stlichen Duft einatmete, der aus all den Platten emporstieg. >>Mein Sohn,<< sagte sie zu Alaeddin, >>woher kommt uns dieser ?berfluss und wem haben wir f?r solch reiches Geschenk zu danken? Sollte vielleicht der Sultan von unserer Armut geh?rt und sich unser erbarmt haben?<< - >>Liebe Mutter,<< antwortete Alaeddin, >>wir wollen uns jetzt zu Tische setzen und essen; deine Frage werde ich beantworten, wenn wir gefr?hst?ckt haben.<< Sie setzten sich zu Tische und speisten mit um so gr?sserem Appetit, als beide, Mutter und Sohn, sich nie an einer so wohlbesetzten Tafel befunden hatten.
Alaeddin und seine Mutter, die nur ein einfaches Fr?hst?ck einzunehmen gedacht hatten, befanden sich um die Stunde des Mittagessens noch bei Tisch.
Als Alaeddins Mutter abgetragen und das Fleisch, welches unber?hrt geblieben war, aufgehoben hatte, setzte sie sich zu ihrem Sohne und sagte: >>Alaeddin, ich erwarte jetzt von dir, dass du meine Neugierde befriedigst und mir die versprochene Auskunft erteilst.<< Alaeddin erz?hlte ihr alles, was w?hrend ihrer Ohnmacht zwischen dem Geist und ihm vorgegangen war.
Alaeddins Mutter geriet in grosse Verwunderung ?ber die Erz?hlung ihres Sohnes und die Erscheinung des Geistes. >>Aber, mein Sohn,<< fragte sie, >>so lange ich auf der Welt bin, habe ich nie sagen geh?rt, dass jemand von allen meinen Bekannten einen Geist gesehen h?tte. Durch welchen Zufall ist dieser garstige Geist zu mir gekommen? Warum hat er sich an mich gewendet und nicht an dich, da er dir doch schon in der Schatzh?hle einmal erschienen war?<<
>>Liebe Mutter,<< erwiderte Alaeddin, >>der Geist, welcher dir erschienen, ist nicht derselbe, der mir erschien. Sie haben zwar einige ?hnlichkeit in Beziehung auf ihre Riesengr?sse, aber an Gesichtsbildung und Kleidung sind sie g?nzlich voneinander verschieden und geh?ren auch verschiedenen Herren an. Du wirst dich noch erinnern, dass derjenige, den ich sah, sich einen Sklaven des Rings nannte, den ich am Finger habe, w?hrend der soeben erschienene sagte, er sei Sklave der Lampe, die du in der Hand hattest.<<
>>Wie!<< rief Alaeddins Mutter, >>also deine Lampe ist schuld, dass dieser verw?nschte Geist sich an mich gewendet hat, statt an dich? Ach, lieber Sohn, schaffe sie mir sogleich aus den Augen und hebe sie auf, wo du willst, ich mag sie nicht mehr anr?hren. Eher lasse ich sie wegwerfen oder verkaufen, als dass ich Gefahr laufe, bei Ber?hrung derselben vor Angst zu sterben. Folge mir und tue auch den Ring ab. Man muss keinen Verkehr mit Geistern haben: es sind Teufel und unser Prophet hat es gesagt.<<
>>Mit deiner Erlaubnis, liebe Mutter,<< antwortete Alaeddin, >>werde ich mich jetzt wohl h?ten, eine Lampe, die uns beiden so n?tzlich werden kann, zu verkaufen. Siehst du denn nicht, was sie uns erst vor einigen Augenblicken verschafft hat? Sie soll uns jetzt Nahrung und Lebensunterhalt besorgen. Du kannst dir denken, dass mein garstiger falscher Oheim sich nicht ohne Grund so viele M?he gegeben und eine so weite und beschwerliche Reise unternommen hat, da er nach dem Besitz dieser Wunderlampe trachtete, die er allem Gold und Silber, das er in den S?len wusste, und das ich, wie er es mir beschrieben, mit meinen eigenen Augen sah, vorgezogen hatte. Er kannte den Wert und die herrlichen Eigenschaften dieser Lampe zu gut, um sich von dem ?brigen reichen Schatze noch etwas zu w?nschen. Da nun der Zufall uns ihre geheime Kraft entdeckt hat, so wollen wir den m?glichst vorteilhaften Gebrauch davon machen, aber ohne Aufsehen zu erregen, damit unsere Nachbarn nicht neidisch und eifers?chtig werden. Ich will sie dir ?brigens gern aus den Augen schaffen und an einem Orte aufheben, wo ich sie finden kann, wann ich sie brauche, da du so grosse Angst vor den Geistern hast. Auch den Ring wegzuwerfen, kann ich mich unm?glich entschliessen. Ohne diesen Ring h?ttest du mich nie wieder gesehen, und ohne ihn w?rde ich jetzt entweder nicht mehr, oder h?chstens noch auf einige Augenblicke leben. Du wirst mir daher erlauben, dass ich ihn behalte und immer mit grosser Behutsamkeit am Finger trage. Wer weiss, ob mir nicht irgend einmal eine andere Gefahr zust?sst, die wir beide nicht voraussehen k?nnen, und aus der er mich vielleicht befreit?<< Da Alaeddins Bemerkung sehr richtig schien, so wusste seine Mutter nichts mehr einzuwenden. >>Lieber Sohn,<< sagte sie zu ihm, >>du kannst handeln, wie du es f?r gut h?ltst; ich f?r meinen Teil mag mit Geistern nichts zu tun haben.<<
Am andern Tag nach dem Abendessen war von den herrlichen Speisen, die der Geist gebracht hatte, nichts mehr ?brig; Alaeddin, der nicht so lange warten wollte, bis der Hunger ihn dr?ngte, nahm daher am dritten Morgen eine der silbernen Sch?sseln unter seine Kleider und ging aus, um sie zu verkaufen. Er wandte sich an einen Juden, der ihm begegnete, nahm ihn beiseite, zeigte ihm die Sch?ssel und fragte, ob er wohl Lust dazu h?tte.
Der Jude, ein schlauer und verschmitzter Bursche, nahm die Sch?ssel, untersuchte sie, und da er erkannte, dass sie von echtem Silber war, fragte er Alaeddin, was er daf?r verlange. Alaeddin, der ihren Wert nicht verstand und nie mit solchen Waren Handel getrieben hatte, sagte ihm nur, er werde wohl am besten wissen, was die Sch?ssel wert sei, und er verlasse sich hierin ganz auf seine Ehrlichkeit. Der Jude geriet wirklich in Verlegenheit ?ber die Offenherzigkeit Alaeddins. Da er nicht wusste, ob Alaeddin den Wert seiner Ware wirklich kannte oder nicht, zog er ein Goldst?ck aus seinem Beutel, das h?chstens den zweiundsiebenzigsten Teil vom wahren Wert der Sch?ssel betrug, und bot es ihm an. Alaeddin nahm das Goldst?ck mit grosser Freudigkeit, und sobald er es in der Hand hatte, lief er so schnell davon, dass der Jude, mit seinem ungeheuren Gewinn bei diesem Kaufe nicht zufrieden, sich sehr dar?ber ?rgerte, Alaeddins g?nzliche Unwissenheit ?ber den Wert der Sch?ssel nicht besser erraten und ihm noch weit weniger geboten zu haben. Er geriet in Versuchung, dem jungen Menschen nachzulaufen, ob er nicht etwas von seinem Goldst?ck herausbekommen k?nnte; allein Alaeddin war schon so weit entfernt, dass er ihn schwerlich eingeholt h?tte.
Auf dem Heimwege blieb Alaeddin bei einem B?ckerladen stehen, kaufte einen Vorrat Brot und bezahlte ihn mit dem Goldst?ck, das der B?cker ihm wechselte. Als er nach Hause kam, gab er das ?brige Geld seiner Mutter, die auf den Markt ging, um f?r sie beide die n?tigen Lebensmittel auf einige Tage einzukaufen.
So lebten sie eine Zeitlang fort; Alaeddin verkaufte alle zw?lf Sch?sseln, eine nach der andern, sowie das Geld im Hause ausgegangen war, an den Juden. Der Jude, der f?r die erste ein Goldst?ck gegeben hatte, wagte es nicht, f?r die ?brigen weniger zu bieten, und bezahlte alle mit derselben M?nze, um einen so guten Handel nicht auszulassen. Als das Geld von der letzten Sch?ssel ausgegeben war, nahm Alaeddin seine Zuflucht zu dem Becken, das allein zehnmal mehr wog, als jede Sch?ssel. Er wollte es einem gew?hnlichen Kaufmann bringen, allein es war ihm zu schwer. Somit musste er den Juden aufsuchen und ihn in sein Haus f?hren; dieser pr?fte das Gewicht des Beckens und zahlte ihm auf der Stelle zehn Goldst?cke aus, womit Alaeddin zufrieden war.
So lange die Goldst?cke dauerten, wurden sie f?r die t?glichen Ausgaben der Hauswirtschaft verwendet. Alaeddin hatte indes, obschon er ans M?ssiggehen gew?hnt war, seit seinem Abenteuer mit dem afrikanischen Zauberer nicht mehr mit den jungen Leuten seines Alters gespielt. Er brachte seine Tage mit Spazierengehen zu oder unterhielt sich mit ?lteren Leuten, deren Bekanntschaft er gemacht hatte. Oft blieb er auch bei den L?den der grossen Kaufleute stehen und horchte aufmerksam auf die Gespr?che vornehmer M?nner, die sich hier aufhielten oder sich hierher bestellt hatten: und diese Gespr?che gaben ihm allm?hlich einigen Anstrich von Weltkenntnis.
Als von den zehn Goldst?cken nichts mehr ?brig war, nahm Alaeddin seine Zuflucht zur Lampe. Er nahm sie in die Hand, suchte die Stelle, welche seine Mutter ber?hrt hatte, und als er sie an dem Eindruck des Sandes erkannte, rieb er sie ebenso, wie sie getan hatte. Sogleich erschien ihm wieder derselbe Geist, der sich schon einmal gezeigt hatte; da aber Alaeddin die Lampe sanfter gerieben hatte, als seine Mutter, so sprach er diesmal in einem milderen Tone dieselben Worte: >>Was willst du? ich bin bereit, dir zu gehorchen als dein Sklave und als Sklave aller derer, die die Lampe in der Hand haben, sowohl ich, als die andern Sklaven der Lampe.<< Alaeddin antwortete ihm: >>Mich hungert, bring mir zu essen.<< Der Geist verschwand und erschien in einigen Augenblicken wieder mit einem ?hnlichen Tafelzeug, wie das erstemal, stellte es nieder und verschwand wieder.
Alaeddin und seine Mutter setzten sich zu Tische, und nach dem Mahle blieb ihnen noch so viel ?brig, dass sie die beiden folgenden Tage behaglich davon leben konnten.
Als Alaeddin sah, dass weder Brot, noch Lebensmittel, noch Geld mehr zu Hause war, nahm er eine silberne Sch?ssel und suchte den Juden, den er kannte, auf, um sie zu verkaufen. Auf dem Wege zu ihm kam er an dem Laden eines Goldschmieds vor?ber, der durch sein Alter ehrw?rdig und zugleich ein ehrlicher und rechtschaffener Mann war. Der Goldschmied bemerkte ihn, und rief ihm, er m?chte hereintreten. >>Mein Sohn,<< sagte er zu ihm, >>ich habe dich schon mehrere Male mit derselben Ware wie jetzt vorbeigehen, jenen Juden aufsuchen und bald darauf mit leeren H?nden zur?ckkommen sehen. Dies hat mich auf den Gedanken gebracht, dass du das, was du tr?gst, jedesmal an ihn verkaufst. Aber du weisst vielleicht nicht, dass dieser Jude ein Betr?ger, und zwar ein ?rgerer Betr?ger ist, als die andern Juden, und dass niemand, der ihn kennt, mit ihm zu tun haben will. Im ?brigen sage ich dir dieses bloss aus Gef?lligkeit. Wenn du mir zeigen willst, was du jetzt in der Hand hast, und es dir feil ist, so will ich dir den wahren Wert getreulich ausbezahlen, wofern ich es brauchen kann; wo nicht, so will ich dich an andere Kaufleute weisen, die dich nicht betr?gen werden.<<
In der Hoffnung, noch mehr Geld f?r seine Sch?ssel zu l?sen, zog Alaeddin sie sogleich unter seinem Kleide hervor und zeigte sie dem Goldschmied. Der Greis, der auf den ersten Blick erkannte, dass sie vom feinsten Silber war, fragte ihn, ob er wohl schon ?hnliche an den Juden verkauft und was er von ihm daf?r erhalten habe. Alaeddin gestand offenherzig, dass er schon zw?lf solche verkauft und der Jude ihm f?r jede ein einziges Goldst?ck bezahlt habe. >>Ha, der Spitzbube!<< rief der Goldschmied. >>Mein Sohn,<< f?gte er hinzu, >>was geschehen ist, ist geschehen, und man muss nicht mehr daran denken; aber wenn ich dir jetzt den wahren Wert deiner Sch?ssel entdecke, die vom feinsten Silber ist, das nur irgend von uns verarbeitet wird, so wirst du einsehen, wie sehr der Jude dich betrogen hat.<<
Der Goldschmied nahm die Wage, wog die Sch?ssel und nachdem er Alaeddin auseinandergesetzt hatte, was eine Mark Silber sei, machte er ihm begreiflich, dass diese Sch?ssel ihrem Gewichte nach zweiundsiebenzig Goldst?cke wert sei, die er ihm sogleich blank ausbezahlte. >>Da hast du<<, sagte er, >>den wahren Betrag deiner Sch?ssel. Wenn du noch daran zweifelst, so kannst du dich nach Belieben an jeden andern von unsern Goldschmieden wenden, und wenn dir einer sagt, dass sie mehr wert sei, so mache ich mich anheischig, dir das Doppelte daf?r zu bezahlen.<<
Alaeddin dankte dem Goldschmied sehr f?r den guten Rat. In der Folge verkaufte er auch die ?brigen Sch?sseln, sowie das Becken, an ihn und erhielt von allem den vollen Wert je nach dem Gewichte. Obwohl nun Alaeddin und seine Mutter eine unversiegbare Geldquelle an ihrer Lampe hatten, so lebten sie dennoch ebenso m?ssig, wie zuvor, nur dass Alaeddin einiges auf die Seite legte, um anst?ndig auftreten zu k?nnen und verschiedene Bequemlichkeiten f?r ihre kleine Wirtschaft anzuschaffen. Seine Mutter dagegen verwendete auf ihre Kleider nichts, als was ihr das Baumwollespinnen einbrachte. Bei dieser n?chternen Lebensweise kann man sich leicht denken, dass das Gold, das Alaeddin f?r seine zw?lf Sch?sseln und das Becken von dem Goldschmied erhalten hatte, lange ausreichte. So lebten sie denn mehrere Jahre lang von dem guten Gebrauch, den Alaeddin von Zeit zu Zeit von seiner Lampe machte.
In dieser Zwischenzeit hatte Alaeddin, der es nicht unterliess, sich sehr fleissig bei den Zusammenk?nften angesehener Personen in den L?den der bedeutendsten Kaufleute, die mit Gold, Silber, Seidenstoffen, den feinsten Schleiert?chern und Juwelen handelten, einzufinden und bisweilen sogar an ihren Unterhaltungen teilzunehmen, sich vollends ausgebildet und allm?hlich alle Manieren der feinen Weltleute angenommen. Namentlich bei den Juwelenh?ndlern kam er von dem Irrwahn ab, als w?ren die durchsichtigen Fr?chte, die er in dem Garten, wo die Lampe stand, gepfl?ckt hatte, nur buntfarbiges Glas; er erfuhr hier, dass es sehr kostbare Edelsteine waren. Da er t?glich in diesen L?den alle Arten solcher Edelsteine kaufen und verkaufen sah, lernte er sie nach ihrem Werte kennen und sch?tzen; da er nirgends so sch?ne und grosse bemerkte, wie die seinigen, so begriff er wohl, dass er statt der Glasscherben einen Schatz von unmessbarem Wert besass. Indes war er klug genug, niemandem etwas davon zu sagen, selbst seiner Mutter nicht, und ohne Zweifel verdankte er diesem Stillschweigen das hohe Gl?ck, zu dem wir ihn in der Folge werden emporsteigen sehen.
Eines Tags, als er in der Stadt spazieren ging, h?rte Alaeddin mit lauter Stimme einen Befehl des Sultans ausrufen, dass jedermann seinen Laden und seine Haust?re schliessen und sich ins Innere seiner Wohnung zur?ckziehen solle, bis die Prinzessin Bedrulbudur, das heisst >>Mond der Monde<<, die Tochter des Sultans, die baden wollte, vor?bergegangen und wieder zur?ckgekehrt sein w?rde.
Dieser ?ffentliche Aufruf erweckte in Alaeddin den Wunsch, die Prinzessin entschleiert zu sehen. Er musste sich zu diesem Behuf in das Haus eines Bekannten begeben und dort hinter ein Gitterfenster stellen; allein dies war ihm nicht genug, da die Prinzessin, dem Brauche gem?ss, auf ihrem Weg ins Bad einen Schleier vor ihrem Gesichte haben musste. Um seine Neugierde zu befriedigen, ersann er endlich ein Mittel, das ihm gl?ckte. Er stellte sich n?mlich hinter die T?re des Bades, das so eingerichtet war, dass er sie unfehlbar sehen musste.
Alaeddin musste nicht lange warten: die Prinzessin erschien und er betrachtete sie durch einen Ritz, der gross genug war, so dass er sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Sie kam in Begleitung einer grossen Anzahl ihrer Frauen und Verschnittenen, die teils neben ihr, teils hinter ihr hergingen. Drei oder vier Schritte vor der T?re des Bades nahm sie den Schleier ab, der ihr Gesicht bedeckte und ihr sehr unbequem war, und auf diese Art sah Alaeddin sie um so bequemer, da sie gerade auf ihn zukam. Alaeddin hatte bis dahin noch nie eine Frau mit entschleiertem Gesichte gesehen, als seine Mutter, die schon alt und niemals so h?bsch gewesen war.
Als Alaeddin die Prinzessin Bedrulbudur gesehen hatte, konnte sein Herz dem bezaubernden M?dchen die h?chste Zuneigung nicht versagen. Wirklich war die Prinzessin auch die sch?nste Br?nette, die man nur auf der Welt sehen kann. Sie hatte grosse, regelm?ssige, lebhafte und feurige Augen, einen sanften und sittsamen Blick, eine wohlgeformte Nase ohne allen Tadel, einen kleinen Mund, rosenrote und durch ihr sch?nes Ebenmass wahrhaft bezaubernde Lippen; mit einem Wort, alle ihre Gesichtsz?ge waren h?chst anmutig und regelm?ssig. Was Wunder, dass Alaeddin bei dem Anblick einer so seltenen Vereinigung von Sch?nheiten, die ihm ganz neu waren, geblendet wurde und beinahe ausser sich geriet! Ausser diesen Vollkommenheiten hatte die Prinzessin einen ?ppigen Wuchs und eine majest?tische Haltung, deren Anblick allein schon die ihr geb?hrende Ehrfurcht einfl?sste.
Als die Prinzessin ins Bad gegangen war, blieb Alaeddin eine Weile ganz verwirrt und entz?ckt stehen, indem er sich unaufh?rlich das reizende Bild vor die Seele rief, das ihn im Innersten seines Herzens ergriffen und bezaubert hatte. Endlich kam er wieder zur Besinnung, und da er bedachte, dass die Prinzessin bereits vor?bergegangen war, und er vergebens seinen Posten l?nger behaupten w?rde, um sie beim Herausgehen aus dem Bade wieder zu sehen, indem sie ihm dann den R?cken zuwenden und verschleiert sein m?sste, so beschloss er, den Ort zu verlassen und sich hinwegzubegeben.
Als Alaeddin nach Hause kam, konnte er seine Verwirrung und Unruhe nicht so verbergen, dass seine Mutter nichts gemerkt h?tte. Sie war sehr erstaunt, ihn gegen seine Gewohnheit so traurig und nachdenklich zu sehen und fragte ihn, ob ihm etwas Unangenehmes begegnet sei oder ob er sich unwohl befinde. Alaeddin aber gab keine Antwort, sondern setzte sich nachl?ssig auf den Sofa, wo er unver?ndert in derselben Stellung blieb, fortw?hrend damit besch?ftigt, sich das reizende Bild der Prinzessin Bedrulbudur zu vergegenw?rtigen. Seine Mutter bereitete das Abendessen und drang nicht weiter in ihn. Er ass viel weniger als gew?hnlich, hatte die Augen immer niederschlagen und beobachtete ein so tiefes Stillschweigen, dass es seiner Mutter unm?glich war, ihm auch nur ein einziges Wort zu entlocken, so sehr sie auch in ihn drang, er solle ihr die Ursache dieser ausserordentlichen Ver?nderungen mitteilen.
Nach dem Abendessen wollte sie von neuem anfangen, ihn zu fragen, warum er denn so schwerm?tig sei, allein sie konnte nichts aus ihm herausbringen, und Alaeddin ging zu Bette, ohne seine Mutter im mindesten zufriedengestellt zu haben.
>>Liebe Mutter,<< begann er am n?chsten Morgen, >>ich will jetzt mein Stillschweigen brechen. Ich war nicht krank, wie du zu glauben schienest, und bin es auch jetzt nicht. Aber so viel kann ich dir sagen, dass das, was ich empfand und was ich noch fortw?hrend empfinde, etwas weit Schlimmeres ist, als eine Krankheit. Zwar weiss ich nicht recht, wie man dieses ?bel nennt, aber ich zweifle nicht, dass du es aus dem erkennen wirst, was ich dir jetzt sagen will.<<
>>Es ist<<, fuhr Alaeddin fort, >>die Tochter des Sultans gestern nachmittag ins Bad gegangen. Da ich nicht weit vom Bade entfernt war, so brachte mich die Neugierde, sie mit entschleiertem Gesichte zu sehen, auf den Einfall, mich hinter die T?re des Bades zu verstecken. Wirklich nahm sie vor ihrem Eintritt den Schleier ab und ich hatte das Gl?ck, zu meinem unaussprechlichen Vergn?gen diese liebensw?rdige Prinzessin zu sehen. Ich liebe die Prinzessin mit einer Glut, die ich dir nicht beschreiben kann, und da meine heisse Leidenschaft mit jedem Augenblicke zunimmt, so f?hle ich wohl, dass sie nur durch den Besitz befriedigt werden kann; daher ich denn auch entschlossen bin, sie vom Sultan mir zur Frau zu erbitten.<<
Alaeddins Mutter hatte die Rede ihres Sohnes bis auf die letzten Worte mit vieler Aufmerksamkeit angeh?rt; als sie aber vernahm, dass er im Sinn habe, um die Hand der Prinzessin Bedrulbudur anzuhalten, so konnte sie nicht umhin, ihn durch lautes Gel?chter zu unterbrechen. Alaeddin wollte fortfahren, allein sie liess ihn nicht zum Wort kommen und sagte zu ihm: >>Ei, ei, mein Sohn, was f?llt dir ein? Bist du wahnsinnig geworden, dass du solche Reden f?hren kannst?<<
>>Liebe Mutter,<< erwiderte Alaeddin, >>ich kann dir versichern, dass ich nicht wahnsinnig, sondern ganz bei Verstande bin. Ich habe mir zum voraus gedacht, dass du mich t?richt und albern nennen werdest; allein dies soll mich nicht hindern, dir noch einmal zu erkl?ren, dass mein Entschluss feststeht, den Sultan um die Hand der Prinzessin Bedrulbudur zu bitten.<<
>>Wahrhaftig, mein Sohn,<< erwiderte die Mutter sehr ernsthaft, >>ich muss dir sagen, dass du dich ganz vergissest; und wenn du deinen Entschluss auch ausf?hren wolltest, so sehe ich nicht ein, durch wen du es wagen k?nntest, deine Bitte vortragen zu lassen.<< - >>Durch niemand anders, als dich selbst,<< antwortete der Sohn ohne Bedenken. - >>Durch mich!<< rief die Mutter voll Erstaunen und ?berraschung; >>und an den Sultan? O ich werde mich wohl h?ten, mich in eine Unternehmung der Art einzulassen. Und wer bist du denn, mein Sohn,<< fuhr sie fort, >>dass du die K?hnheit haben d?rftest, deine Gedanken zur Tochter deines Sultans zu erheben? Hast du vergessen, dass du der Sohn eines der geringsten Schneider seiner Hauptstadt und auch von m?tterlicher Seite nicht von h?herer Abkunft bist? Weisst du denn nicht, dass Sultane ihre T?chter selbst Sultanss?hnen verweigern, die keine Hoffnung haben, einst zur Regierung zu gelangen?<<
>>Liebe Mutter,<< antwortete Alaeddin, >>ich habe dir bereits bemerkt, dass ich alles vorausgesehen habe, was du mir soeben gesagt hast, und ebenso sehe ich alles voraus, was du etwa noch hinzuf?gen k?nntest. Weder deine Reden, noch deine Vorstellungen werden mich von meinem Entschlusse abbringen. Ich habe dir gesagt, dass ich durch deine Vermittlung um die Hand der Prinzessin Bedrulbudur anhalten will; es ist dies die einzige Gef?lligkeit, um die ich dich mit aller schuldigen Ehrerbietung bitte, und du kannst sie mir nicht abschlagen, wenn du mich nicht lieber sterben sehen, als mir zum zweitenmal das Leben schenken willst.<<
Alaeddins Mutter befand sich in grosser Verlegenheit, als sie diese Hartn?ckigkeit sah. >>Mein Sohn,<< sagte sie nochmals zu ihm, >>ich bin deine Mutter, und als gute Mutter bin ich bereit, aus Liebe zu dir alles zu tun, was vern?nftig und schicklich ist. Wenn es sich darum handelte, f?r dich um die Tochter eines unserer Nachbarn anzuhalten, der von gleichem oder wenigstens nicht viel h?herem Stande w?re als du, so w?rde ich nichts vers?umen, und von Herzen gern alles aufbieten, was in meiner Macht steht; aber auch dann m?sstest du einiges Verm?gen oder Eink?nfte besitzen, oder ein Gewerbe erlernt haben, um deinen Zweck zu erreichen. Wenn arme Leute, wie wir, heiraten wollen, so ist das erste, woran sie denken m?ssen, ob sie auch zu leben haben. Aber ohne an deine niedere Abkunft, an deinen geringen Stand und deine Armut zu denken, willst du dich auf den h?chsten Gipfel des Gl?cks schwingen und verlangst nichts Geringeres, als die Tochter deines Herrn und Gebieters, der nur ein Wort zu sagen braucht, um dich zu verderben und zu zermalmen. Ich will hier nicht erw?hnen, was dich selbst betrifft, denn das musst du in deinem Innern in Erw?gung ziehen, wofern du nur halbwegs bei gutem Verstande bist. Ich will nur von dem sprechen, was mich angeht. Wie hat dir ein so seltsamer Gedanke in den Kopf kommen k?nnen, dass ich zum Sultan hingehen und ihm den Antrag machen soll, dir die Prinzessin, seine Tochter, zum Weibe zu geben? Gesetzt auch, ich h?tte die Unversch?mtheit, vor seine geheiligte Person zu treten, um eine so ungereimte Bitte vorzutragen, an wen m?sste ich mich denn wenden, um nur vorgelassen zu werden? Glaubst du denn nicht, dass der erste, den ich anredete, mich als N?rrin behandeln und mit Schmach und Schimpf fortjagen w?rde, wie ich es verdiente? Wenn wir aber auch annehmen, dass es keine Schwierigkeit g?be, Audienz bei dem Sultan zu erhalten: denn ich weiss, dass man leicht zu ihm gelangen kann, wenn man um Gerechtigkeit bittet, und dass er sie seinen Untertanen gern gew?hrt, sobald sie ihn darum angehen; ich weiss auch, dass er mit Vergn?gen eine Gnade bewilligt, um die man ihn bittet, sobald er sieht, dass man sie verdient hat und ihrer w?rdig ist: aber bist du denn in demselben Falle und glaubst du die Gnade verdient zu haben, die ich f?r dich erbitten soll? Bist du ihrer w?rdig? Was hast du f?r deinen F?rsten oder f?r dein Vaterland getan und wodurch hast du dich ausgezeichnet? Wenn du nun nichts geleistet hast, um eine so hohe Gnade zu verdienen, und auch im ?brigen ihrer nicht w?rdig bist, mit welcher Stirn k?nnte ich dann darum bitten? Wie k?nnte ich auch nur den Mund ?ffnen, um dem Sultan diesen Vorschlag zu machen? Sein majest?tisches Ansehen und der Glanz seines Hofes w?rden mir sogar den Mund verschliessen, mir, die ich schon vor deinem Vater zitterte, wenn ich ihn nur um eine Kleinigkeit zu bitten hatte. Auch ein anderer Grund ist noch vorhanden, mein Sohn, den du nicht bedacht hast, n?mlich, dass man vor unsern Sultanen, wenn man sie um etwas bitten will, nicht erscheinen darf, ohne ein Geschenk in der Hand zu haben. Welches Geschenk k?nntest du ihm denn bieten? Und wenn du auch etwas h?ttest, das der Beachtung eines so grossen Monarchen im mindesten wert schiene, in welchem Verh?ltnis st?nde dann dein Geschenk mit der Bitte, die du an ihn tun willst? Geh in dich und bedenke, dass du nach etwas trachtest, das du unm?glich erreichen kannst.<<
Alaeddin h?rte alles, was seine Mutter sagte, um ihn von seinem Plane abzubringen, mit grosser Gem?tsruhe an, und nachdem er ihre Vorstellungen Punkt f?r Punkt in Erw?gung gezogen, nahm er endlich das Wort und sprach: >>Ich gestehe, liebe Mutter, dass es eine grosse Verwegenheit von mir ist, so hoch hinauf zu wollen, und zugleich sehr un?berlegt, dass ich von dir, mit solcher Hitze und Hastigkeit verlange, du sollst beim Sultan f?r mich anhalten, ohne zuvor die geeigneten Massregeln zu ergreifen, um dir Geh?r und einen g?nstigen Empfang zu verschaffen. Verzeih mir diesmal. In der Hitze der Leidenschaft, die sich meiner bemeistert hat, darfst du dich nicht wundern, wenn ich nicht auf einmal alles, was mir die gesuchte Ruhe geben kann, ins Auge gefasst habe. Ich liebe die Prinzessin Bedrulbudur weit mehr, als du dir denken kannst, ja ich bin ganz von Sinnen und beharre fest auf dem Entschlusse, sie zu heiraten. Ich bin dar?ber vollkommen mit mir einig und entschieden. ?brigens danke ich dir f?r die Er?ffnung, die du mir soeben gemacht hast, denn ich betrachte sie als den ersten Schritt zu dem gl?cklichen Erfolg, den ich mir verspreche.
>>Du sagst mir, es sei nicht Brauch, ohne ein Geschenk in der Hand vor dem Sultan zu erscheinen, und ich h?tte nichts, was seiner w?rdig w?re. Wenn du aber meinst, dass ich nichts bes?sse, was ihm ?berreicht werden k?nnte, so glaube ich doch, dass die Sachen, die ich aus der unterirdischen H?hle mitgebracht habe, dem Sultan gewiss viel Vergn?gen machen w?rden. Ich spreche n?mlich von den Steinen in den zwei Beuteln und im G?rtel, die wir beide anfangs f?r farbige Gl?ser hielten; jetzt sind mir die Augen aufgegangen, und ich sage dir, liebe Mutter, dass es Juwelen von unsch?tzbarem Werte sind, die nur grossen K?nigen geb?hren. In den L?den der Juweliere habe ich mich von ihrem Wert ?berzeugt und du kannst mir aufs Wort glauben: alle, die ich bei diesen Herren gesehen habe, halten mit den unsern durchaus keinen Vergleich aus, weder in Beziehung auf Gr?sse, noch auf Sch?nheit, und doch verkaufen sie dieselben um ungeheure Summen. Wir k?nnen zwar allerdings den wahren Wert der unsrigen nicht angeben, aber dem mag sein wie ihm wolle, so viel verstehe ich doch, um ?berzeugt zu sein, dass das Geschenk dem Sultan die gr?sste Freude machen muss. Du hast da eine ziemlich grosse Porzellanvase, die gerade dazu passt; bring sie einmal her, und lass uns sehen, welche Wirkung sie haben, wenn wir sie nach ihren verschiedenen Farben ordnen.<<
Alaeddins Mutter brachte die Vase, und Alaeddin nahm die Edelsteine aus den beiden Beuteln heraus und legte sie in der besten Ordnung hinein. Die Wirkung, die sie durch die Mannigfaltigkeit ihrer Farben und ihren strahlenden Glanz beim hellen Tageslicht hatten, war so gross, dass Mutter und Sohn beinahe davon geblendet wurden und sich ?ber die Massen wunderten; denn sie hatten dieselben bisher nur beim Lampenschein betrachtet. Alaeddin zwar hatte sie auf den B?umen gesehen, wo sie ihm als Fr?chte erschienen, die einen herrlichen Anblick gew?hrten; allein er war damals noch Kind gewesen und hatte diese Edelsteine nur als Spielzeug betrachtet.
Nachdem sie die Sch?nheit des Geschenks eine Weile betrachtet hatten, nahm Alaeddin wieder das Wort und sagte: >>Du hast jetzt keine Ausrede mehr, liebe Mutter, und kannst dich nicht damit entschuldigen, dass wir kein passendes Geschenk anzubieten h?tten. Hier ist eines, wie mich d?nkt, das dir gewiss einen recht freundlichen Empfang verschaffen wird.<<
Obwohl Alaeddins Mutter dieses Geschenk, ungeachtet seiner Sch?nheit und seines Glanzes, nicht f?r so wertvoll hielt, wie ihr Sohn, so dachte sie doch, es k?nne vielleicht angenommen werden, und sah ein, dass in dieser Beziehung nichts mehr einzuwenden war. Dagegen kam sie immer wieder auf Alaeddins Forderung zur?ck, und dies machte ihr viel Unruhe. >>Mein Sohn,<< sprach sie zu ihm, >>ich begreife wohl, dass dein Geschenk Wirkung tun und Gnade in den Augen des Sultans finden wird; aber wenn ich dann deine Bitte vortragen soll, so f?hle ich zum voraus, dass ich dazu keine Kraft haben und stumm bleiben werde. Auf diese Art wird nicht nur mein Gang vergeblich, sondern auch das Geschenk, das nach deiner Behauptung so ausserordentlich kostbar ist, verloren sein, und ich werde mit Schmach abziehen m?ssen, um dir zu verk?ndigen, dass du dich in deiner Hoffnung get?uscht hast. Ich habe es dir schon einmal gesagt und du wirst sehen, dass es so kommt.<<
>>Aber,<< setzte sie hinzu, >>gesetzt auch, ich k?nnte mir so viel Gewalt antun, mich nach deinem Wunsche zu f?gen, und ich h?tte Kraft genug, um eine solche Bitte zu wagen, wie du mir zumutest, so wird sich doch der Sultan ganz gewiss entweder ?ber mich lustig machen und mich als eine N?rrin nach Hause schicken, oder er wird in gerechten Zorn geraten, dessen Opfer unfehlbar wir beide sein werden.<<
Alaeddins Mutter f?hrte noch mehrere solche Gr?nde an, um ihren Sohn auf andere Gedanken zu bringen; allein die Reize der Prinzessin Bedrulbudur hatten einen zu starken Eindruck auf sein Herz gemacht, als dass er sich von seinem Plane h?tte abbringen lassen. Alaeddin beharrte also auf seiner Bitte, und teils aus Z?rtlichkeit, teils aus Furcht, er m?chte irgend einen tollen Streich machen, ?berwand seine Mutter ihre Abneigung und verstand sich endlich dazu, ihm zu willfahren.
Da es schon sp?t und die Zeit, in den Palast zu gehen und vor den Sultan zu treten, an diesem Tage bereits vor?ber war, so wurde die Sache auf den folgenden Tag verschoben. >>Mein Sohn,<< sagte die Mutter, >>wenn mich der Sultan so g?nstig aufnimmt, wie ich es aus Liebe zu dir w?nsche, wenn er auch den Vorschlag ruhig anh?rt, aber sich dann einfallen l?sst, nach deinem Verm?gen und Stande zu fragen - sage mir, was soll ich ihm dann antworten?<<
>>Liebe Mutter,<< antwortete Alaeddin, >>wir wollen uns nicht zum voraus ?ber eine Sache bek?mmern, die vielleicht gar nicht vorkommen wird. Wir m?ssen jetzt abwarten, wie der Sultan dich empf?ngt und was f?r eine Antwort er dir gibt. Wenn er dann wirklich ?ber das, was du sagst, Auskunft haben will, so werde ich mich schon auf eine Antwort besinnen, und ich glaube zuversichtlich, dass die Lampe, die uns schon seit einigen Jahren ern?hrt, mich in der Not nicht verlassen wird.<<
Alaeddins Mutter wusste hierauf nichts zu erwidern, denn sie dachte, dass die Lampe, von der er sprach, auch noch weit gr?ssere Wunder bewirken k?nnte, als nur ihren Lebensunterhalt zu verschaffen. Dies beruhigte sie. Alaeddin sagte zu ihr: >>Jedenfalls, liebe Mutter, halte die Sache geheim; davon h?ngt der ganze gl?ckliche Erfolg ab, den wir erwarten k?nnen.<< Hierauf trennten sie sich, um zu Bett zu gehen; allein die heftige Liebe und die grossartigen, unermesslichen Gl?ckspl?ne, die Alaeddins Gem?t erf?llten, liessen ihn keine Ruhe finden. Er stand vor Tagesanbruch auf, weckte sogleich seine Mutter und best?rmte sie, sie solle sich aufs schleunigste ankleiden, an das Tor des k?niglichen Palastes gehen und, sowie es ge?ffnet w?rde, zugleich mit dem Grossvezier, den untergeordneten Vezieren und den ?brigen Staatsbeamten eintreten, die sich zur Sitzung des Divans beg?ben, welcher der Sultan immer pers?nlich beiwohnte.
Alaeddins Mutter tat alles, was ihr Sohn w?nschte. Sie nahm die mit Edelsteinen gef?llte Porzellanvase und h?llte sie in doppelte Leinwand, zuerst in sehr feine und schneeweisse, sodann in minder feine, welche letztere sie an den vier Zipfeln zusammenband, um die Sache bequemer tragen zu k?nnen. Endlich ging sie zur Freude Alaeddins fort und nahm ihren Weg nach dem Palaste des Sultans. Der Grossvezier nebst den ?brigen Vezieren und die angesehensten Herren vom Hofe waren bereits hineingegangen, als sie ans Tor kam. Die Zahl der Wartenden war sehr gross. Man ?ffnete und sie ging mit ihnen in den Divan. Dies war ein ?ber die Massen sch?ner, tiefer und ger?umiger Saal und hatte einen grossen, pr?chtigen Eingang; sie stellte sich so, dass sie den Sultan gerade gegen?ber, den Grossvezier aber und die ?brigen Herren, die im Rate sassen, rechts und links hatte. Man rief die verschiedenen Parteien eine nach der andern vor, in der Ordnung, wie sie ihre Bittschriften eingereicht hatten, und ihre Angelegenheiten wurden vorgetragen, verhandelt und entschieden, bis zur Stunde, wo der Divan wie gew?hnlich geschlossen wurde. Dann stand der Sultan auf, entliess die Versammlung und ging in sein Zimmer zur?ck, wohin ihm der Grossvezier folgte. Die ?brigen Veziere und Mitglieder des Staatsrats begaben sich nach Hause; ebenso die, welche wegen Privatangelegenheiten erschienen waren; die einen vergn?gt, dass sie ihren Prozess gewonnen hatten, die andern unzufrieden, weil gegen sie entschieden worden war, und noch andere in der Hoffnung, dass ihre Sache in einer andern Sitzung vorkommen werde.
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