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Words: 69254 in 12 pages
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Gockel, Hinkel und Gackeleia
Clemens Brentano
In Deutschland in einem wilden Wald, zwischen Gelnhausen und Hanau, lebte ein ehrenfester bejahrter Mann, und der hiess Gockel. Gockel hatte ein Weib, und das hiess Hinkel. Gockel und Hinkel hatten ein T?chterchen, und das hiess Gackeleia. Ihre Wohnung war in einem w?sten Schloss, woran nichts auszusetzen war, denn es war nichts darin, aber viel einzusetzen, n?mlich Th?r und Thor und Fenster. Mit frischer Luft und Sonnenschein und allerlei Wetter war es wohl ausger?stet, denn das Dach war eingest?rzt und die Treppen und Decken und B?den waren nachgefolgt. Gras und Kraut und Busch und Baum wuchsen aus allen Winkeln, und V?gel, vom Zaunk?nig bis zum Storch, nisteten in dem w?sten Haus. Es versuchten zwar einigemal auch Geier, Habichte, Weihen, Falken, Eulen, Raben und solche verd?chtige V?gel sich da anzusiedeln, aber Gockel schlug es ihnen rund ab, wenn sie ihm gleich allerlei Braten und Fische als Miethe bezahlen wollten.
Einst aber sprach sein Weib Hinkel: "mein lieber Gockel, es geht uns sehr knapp, warum willst du die vornehmen V?gel nicht hier wohnen lassen? Wir k?nnten die Miethe doch wohl brauchen, du l?sst ja das ganze Schloss von allen m?glichen V?geln bewohnen, welche dir gar nichts daf?r bezahlen."--Da antwortete Gockel: "o du unvern?nftiges Hinkel, vergisst du denn ganz und gar, wer wir sind, schickt es sich auch wohl f?r Leute unserer Herkunft, von der Miethe solches Raubgesindels zu leben?--und gesetzt auch, Gott suchte uns mit solchem Elende heim, dass uns die Verzweiflung zu so unw?rdigen Hilfsmitteln triebe,--was doch nie geschehen wird, denn eher wollte ich Hungers sterben,--womit w?rden die r?uberischen Einwohner uns vor Allem die Miethe bezahlen? Gewiss w?rden sie uns alle unsre lieben Gastfreunde erw?rgt in die K?che werfen, und zwar auf ihre m?rderische Art zerrupft und zerfleischt. Die freundlichen Singv?gel, welche mit ihrem unschuldigen Gezwitscher unsre w?ste Wohnung zu einem herzerfreuenden Aufenthalte machen, willst du doch wohl lieber singen h?ren, als sie gebraten essen? W?rde dir das Herz nicht brechen, die allerliebste Frau Nachtigall, die trauliche Grasm?cke, den fr?hlichen Distelfink, oder gar das liebe treue Rothkehlchen in der Pfanne zu r?sten, oder am Spiesse zu braten, und dann zuletzt, wenn sie alle die Miethe bezahlt h?tten, nichts als das Geschrei und Gekr?chze der gr?ulichen Raubv?gel zu h?ren? Aber wenn auch alles dieses zu ?berwinden w?re, bedenkst du dann in deiner Blindheit nicht, dass diese M?rder allein so gern hier wohnen m?chten, weil sie wissen, dass wir uns von der H?hnerzucht n?hren wollen? Haben wir nicht die ehrbare Stamm-Henne Gallina jetzt ?ber dreissig Eiern sitzen, werden diese nicht dreissig H?hner werden, und kann nicht jedes wieder dreissig Eier legen, welche es wieder ausbr?tet zu dreissig H?hnern, macht schon dreissig mal dreissig, also neunhundert H?hner, welchen wir entgegensehen? O du unvern?nftiges Hinkel! und zu diesen willst du dir Geier und Habichte ins Schloss ziehen? Hast du denn g?nzlich vergessen, dass du ein edler Sprosse aus dem hohen Stamme der Grafen von Hennegau bist, und kannst du solche Vorschl?ge einem gebornen leider armen, leider verkannten Raugrafen von Hanau machen? Ich kenne dich nicht mehr!--O du entsetzliche Armuth! ist es denn also wahr, dass du auch die edelsten Herzen endlich mit der Last deines leeren und doch so schweren Bettelsackes zum Staube nieder dr?ckest?"
Also redete der arme alte Raugraf Gockel von Hanau in edlem hohen Zorne, zu Hinkel von Hennegau seiner Gattin, welche so betr?bt und besch?mt und k?mmerlich vor ihm stand, als ob sie den Zipf h?tte. Aber schon sammelte sie sich und wollte so eben sprechen: "die Raubv?gel bringen uns wohl auch manchmal junge Hasen"--doch da kr?hte der schwarze Alektryo, der grosse Stammhahn ihres Mannes, der ?ber ihr auf einem Mauerrande sass, in demselben Augenblick so hell und scharf, dass er ihr das Wort wie mit einer Sichel vor dem Munde wegschnitt, und als er dabei mit den Fl?geln schlug, und Graf Gockel von Hanau sein zerrissenes M?ntelchen auch ungeduldig auf der Schulter hin und her warf, so sagte die Frau Hinkel von Hennegau auch kein Piepsw?rtchen mehr, denn sie wusste den Alektryo und den Gockel zu ehren.
Sie wollte eben umwenden und weggehen, da sagte Gockel: "o Hinkel! ich brauche dir nichts mehr zu sagen, der ritterliche Alektryo, der Herold, Wappenpr?fer und Kreisw?rtel, Notarius Publikus und kaiserlich gekr?nte Poet meiner Vorfahren hat meine Rede unterkr?het, und somit dagegen protestirt, dass seinen Nachkommen, den zu erwartenden H?hnchen, die gef?hrlichen Raubv?gel zugesellt w?rden." Bei diesen letzten Worten b?ckte sich Frau Hinkel bereits unter der niedrigen Th?re und verschwand mit einem tiefen Seufzer im H?hnerstall.
Im H?hnerstall? Ja--denn im wunderbaren, kunstreichen, im neben-, durch--und hintereinandrigen Stil der Urwelt, Mitwelt und Nachwelt erbauten H?hnerstall wohnten Gockel von Hanau, Hinkel von Hennegau und Gackeleia, ihre Fr?ulein Tochter, und in der Ecke stand in einem alten Schilde das auf gothische Weise von Stroh geflochtene Raugraf Gockelsche Erbh?hnernest, in welchem die Glucke Gallina ?ber den dreissig Eiern br?tete, und von einer Wand zur andern ruhte eine alte Lanze in zwei Mauerl?chern, auf welcher sitzend der schwarze Alektryo Nachts zu schlafen pflegte. Der H?hnerstall war der einzige Raum in dem alten Schlosse, der noch bewohnbar unter Dach und Fach stand.
Zu Olims Zeiten, wo Dieses und Jenes geschehen ist, war dieses Schloss eines der herrlichsten und deutlichsten in ganz Deutschland; aber die Franzosen haben es so ?bel mitgenommen, dass sie es recht abscheulich zur?ckliessen. Ihr K?nig Hahnri hatte gesagt, jeder Franzose solle Sonntags ein Huhn, und wenn keines zu haben sei, ein Hinkel in den Topf stecken und sich eine Suppe kochen. Darauf hielten sie streng, und sahen sich ?berall um, wie jeder zu seinem Huhn kommen k?nne. Als sie nun zu Haus mit den H?hnern fertig waren, machten sie nicht viel Federlesens und hatten bald mit diesem, bald mit jenem Nachbarn ein H?hnchen zu pfl?cken. Sie sahen die Landkarte wie einen Speisezettel an, wo etwas von Henne, Huhn oder Hahn stand, das strichen sie mit rother Tinte an und giengen mit K?chenmesser und Bratspiess darauf los. So giengen sie ?ber den Hanebach, steckten Gross--und Kleinh?ningen in den Topf, und kamen dann auch bis in das Hanauer Land. Als sie nun Gockelsruh, das herrliche Schloss der Raugrafen von Hanau, im Walde fanden, wo damals der Grossvater Gockels wohnte, statuirten sie ein Exempel, schnitten allen H?hnern die H?lse ab, steckten sie in den Topf und den rothen Hahn auf das Dach, das heisst, sie machten ein so gutes Feuerchen unter den Topf, dass die lichte Lohe zum Dach herausschlug und Gockelsruh dar?ber verbrannte. Dann giengen sie weiter nach H?nefeld und Hunhaun und sind noch lang unterwegs geblieben.
Als sie abgespeist hatten, gieng Gockels Grossvater, der mit seiner Familie und dem Stamm-, Erb--und Wappen-Hahn und Hinkel im Walde versteckt gewesen, um das Desert zu besehen, es war eine W?ste. Nichts war ihm geblieben, er konnte sein Schloss nicht mehr herstellen und ?bergab es daher gratis an die Versch?nerungs-Commission der vier Jahrszeiten, des Windes und des Wetters, welche es auch in Jahr und Tag mit Gras und Kraut und Moos und Epheu und B?schen und B?umen so reichlich austapezierten, dass es ein rechtes Paradies aller Waldv?gelein und andern Wildpretts ward.--Er selbst zog nach Gelnhausen und nahm die Stelle eines Erb-H?hner--und Fasanenministers bei dem dortigen K?nig an. Sein Sohn trat nach ihm in dieselbe Stelle, und nach dessen Absterben unser Gockel, der gewiss auch als H?hnerminister mit Tod abgegangen w?re, wenn ihn nicht sein Menschen--oder vielmehr H?hnergef?hl gezwungen h?tte, noch lebendig von Gelnhausen Abschied zu nehmen. Dieses aber gieng folgendermassen zu.
Der K?nig Eifrasius von Gelnhausen ?berliess sich der Leidenschaft des Eieressens so unm?ssig, dass keine Brut H?hner mehr aufkommen konnte. Dies war gegen den Eid Gockels und gegen das Landesgesetz, Artikel H?hnerzucht. Gockel machte eine allerunterth?nigste vergebliche Vorstellung nach der andern. Eifrasius errichtete den r?hrenden Eierorden verschiedener Grade und liess von seinem Leibredner eine Rede dabei halten, die einer Schmeichelei so ?hnlich sah, wie ein Ei dem andern. Er sagte, Eifrasius esse nur allein so viele Eier, um die H?hner zu vermindern, damit die Franzosen nicht ins Land k?men. Dabei machte er bekannt, dass man k?nftig nicht Ihro Majest?t, sondern Ihre Eiesst?t K?nig Eifrasius sagen solle und vieles Aehnliche. Auch wusste er sehr viele hinreissende Stellen grosser Dichter in seiner Rede anzubringen, z. B.:
Ein Huhn und ein Hahn, Meine Rede geht an; Eine Kuh und ein Kalb, Meine Rede ist halb; Eine Katze und eine Maus, Meine Rede ist aus!
und weiter
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