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Words: 35688 in 4 pages

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h der Welt gegen?ber, so k?me diese zweite H?lfte nie zur lebendigen Erscheinung, zum vollen Dasein. Sie wirkte zwar als verborgene Kr?ftewelt; aber es w?re ihr die M?glichkeit entzogen, sich in einer eigenen Gestalt zu zeigen. Man m?chte sagen, ohne den Menschen w?rde die Welt ein unwahres Antlitz zeigen. Sie w?re so, wie sie ist, durch ihre tieferen Kr?fte, aber diese tieferen Kr?fte blieben selbst verh?llt durch das, was sie wirken. Im Menschengeiste werden sie aus ihrer Verzauberung erl?st. Der Mensch ist nicht bloss dazu da, um sich von der fertigen Welt ein Bild zu machen; nein, er wirkt selbst mit an dem Zustandekommen dieser Welt.

Verschieden gestalten sich die subjektiven Erlebnisse bei verschiedenen Menschen. F?r diejenigen, welche nicht an die objektive Natur der Innenwelt glauben, ist das ein Grund mehr, dem Menschen das Verm?gen abzusprechen, in das Wesen der Dinge zu dringen. Denn wie kann Wesen der Dinge sein, was dem einen so, dem andern anders erscheint. F?r denjenigen, der die wahre Natur der Innenwelt durchschaut, folgt aus der Verschiedenheit der Innenerlebnisse nur, dass die Natur ihren reichen Inhalt auf verschiedene Weise aussprechen kann. Dem einzelnen Menschen erscheint die Wahrheit in einem individuellen Kleide. Sie passt sich der Eigenart seiner Pers?nlichkeit an. Besonders f?r die h?chsten, dem Menschen wichtigsten Wahrheiten gilt dies. Um sie zu gewinnen, ?bertr?gt der Mensch seine geistigsten, intimsten Erlebnisse auf die angeschaute Welt und mit ihnen zugleich das Eigenartigste seiner Pers?nlichkeit. Es giebt auch allgemeing?ltige Wahrheiten, die jeder Mensch aufnimmt, ohne ihnen eine individuelle F?rbung zu geben. Dies sind aber die oberfl?chlichsten, die trivialsten. Sie entsprechen dem allgemeinen Gattungscharakter der Menschen, der bei allen der gleiche ist. Gewisse Eigenschaften, die in allen Menschen gleich sind, erzeugen ?ber die Dinge auch gleiche Urteile. In der Art, wie die Menschen die Dinge nach Mass und Zahl ansehen, unterscheiden sie sich nicht. Deshalb gelten f?r alle die gleichen mathematischen Wahrheiten. In den Eigenschaften aber, in denen sich die Einzelpers?nlichkeit von dem allgemeinen Gattungscharakter abhebt, liegt auch der Grund zu den individuellen Ausgestaltungen der Wahrheit. Nicht darauf kommt es an, dass in dem einen Menschen die Wahrheit anders erscheint als in dem andern, sondern darauf, dass alle zum Vorschein kommenden individuellen Gestalten einem einzigen Ganzen angeh?ren, der einheitlichen ideellen Welt. Die Wahrheit spricht im Innern der einzelnen Menschen verschiedene Sprachen und Dialekte; in jedem grossen Menschen spricht sie eine eigene Sprache, die nur dieser Einen Pers?nlichkeit zukommt. Aber es ist immer die eine Wahrheit, die da spricht. "Kenne ich mein Verh?ltnis zu mir selbst und zur Aussenwelt, so heiss ichs Wahrheit. Und so kann jeder seine eigene Wahrheit haben, und es ist doch immer dieselbige." Dies ist Goethes Meinung. Nicht ein starres, totes Begriffssystem ist die Wahrheit, das nur einer einzigen Gestalt f?hig ist; sie ist ein lebendiges Meer, in welchem der Geist des Menschen lebt, und das Wellen der verschiedensten Gestalt an seiner Oberfl?che zeigen kann. "Die Theorie an und f?r sich ist nichts n?tze, als insofern sie uns an den Zusammenhang der Erscheinungen glauben macht," sagt Goethe. Er sch?tzt keine Theorie, die ein f?r allemal abgeschlossen sein will, und in dieser Gestalt eine ewige Wahrheit darstellen soll. Er will lebendige Begriffe, durch die der Geist des Einzelnen nach seiner individuellen Eigenart die Anschauungen zusammenfasst. Die Wahrheit erkennen heisst ihm, in der Wahrheit leben. Und in der Wahrheit leben ist nichts anderes, als bei der Betrachtung jedes einzelnen Dinges hinzusehen, welches innere Erlebnis sich einstellt, wenn man diesem Dinge gegen?bersteht. Eine solche Ansicht von dem menschlichen Erkennen kann nicht von Grenzen des Wissens, nicht von einer Eingeschr?nktheit desselben durch die Natur des Menschen sprechen. Denn die Fragen, die sich, nach dieser Ansicht, das Erkennen vorlegt, entspringen nicht aus den Dingen; sie sind dem Menschen auch nicht von irgend einer andern ausserhalb seiner Pers?nlichkeit gelegenen Macht auferlegt. Sie entspringen aus der Natur der Pers?nlichkeit selbst. Wenn der Mensch den Blick auf ein Ding richtet, dann entsteht in ihm der Drang, mehr zu sehen, als ihm in der Wahrnehmung entgegentritt. Und soweit dieser Drang reicht, soweit reicht sein Erkenntnisbed?rfnis. Woher stammt dieser Drang? Doch nur davon, dass ein inneres Erlebnis sich in der Seele angeregt f?hlt, mit der Wahrnehmung, eine Verbindung einzugehen. Sobald die Verbindung vollzogen ist, ist auch das Erkenntnisbed?rfnis befriedigt. Erkennen wollen ist eine Forderung der menschlichen Natur und nicht der Dinge. Diese k?nnen dem Menschen nicht mehr ?ber ihr Wesen sagen, als er ihnen abfordert. Wer von einer Beschr?nktheit des Erkenntnisverm?gens spricht, der weiss nicht, woher das Erkenntnisbed?rfnis stammt. Er glaubt, der Inhalt der Wahrheit liege irgendwo aufbewahrt, und in dem Menschen lebe nur der unbestimmte Wunsch, den Zugang zu dem Aufbewahrungsorte zu finden. Aber es ist das Wesen der Dinge selbst, das sich aus dem Innern des Menschen herausarbeitet und dahin strebt, wohin es geh?rt: zu der Wahrnehmung. Nicht nach einem Verborgenen strebt der Mensch im Erkenntnisprozess, sondern nach der Ausgleichung zweier Kr?fte, die von zwei Seiten auf ihn wirken. Man kann wohl sagen, ohne den Menschen g?be es keine Erkenntnis des Innern der Dinge, denn ohne ihn w?re nichts da, wodurch dieses Innere sich aussprechen k?nnte. Aber man kann nicht sagen, es gibt im Innern der Dinge etwas, das dem Menschen unzug?nglich ist. Dass an den Dingen noch etwas anderes vorhanden ist, als was die Wahrnehmung liefert, weiss der Mensch nur, weil dieses andere in seinem eigenen Innern lebt. Von einem weiteren unbekannten Etwas der Dinge sprechen, heisst Worte ?ber etwas machen, was nicht vorhanden ist.

Die Naturen, die nicht zu erkennen verm?gen, dass es die Sprache der Dinge ist, die im Innern des Menschen gesprochen wird, sind der Ansicht, alle Wahrheit m?sse von aussen in den Menschen eindringen. Solche Naturen halten sich entweder an die blosse Wahrnehmung und glauben, allein durch Sehen, H?ren, Tasten, durch Auflesung der geschichtlichen Vorkommnisse und durch Vergleichen, Z?hlen, Rechnen, W?gen des aus der Tatsachenwelt Aufgenommenen die Wahrheit erkennen zu k?nnen; oder sie sind der Ansicht, dass die Wahrheit nur zu dem Menschen kommen k?nne, wenn sie ihm durch ein ?bermenschliches Wesen offenbart werde, oder endlich, sie wollen durch Kr?fte besonderer Natur, durch Ekstase oder mystisches Schauen in den Besitz der h?chsten Einsichten kommen, die ihnen, nach ihrer Ansicht, die dem Denken zug?ngliche Ideenwelt nicht darbieten kann. Den Offenbarungsgl?ubigen und den Mystikern reihen sich noch die Metaphysiker an. Diese suchen zwar durch das Denken sich Begriffe von der Wahrheit zu bilden. Aber sie suchen den Inhalt f?r diese Begriffe nicht in der menschlichen Ideenwelt, sondern in einer hinter den Dingen liegenden zweiten Wirklichkeit. Sie meinen, durch reine Begriffe ?ber einen solchen Inhalt entweder etwas Sicheres ausmachen zu k?nnen, oder wenigstens durch Hypothesen sich Vorstellungen von ihm bilden zu k?nnen. Ich spreche hier zun?chst von der zuerst angef?hrten Art von Menschen, von den Tatsachenfanatikern. Ihnen kommt es zuweilen zum Bewusstsein, dass in dem Z?hlen und Rechnen bereits eine Verarbeitung des Anschauungsinhaltes mit Hilfe des Denkens stattfindet. Dann aber sagen sie, die Gedankenarbeit sei bloss das Mittel, durch das der Mensch den Zusammenhang der Tatsachen zu erkennen bestrebt ist. Was aus dem Denken bei Bearbeitung der Aussenwelt fliesst, gilt ihnen als bloss subjektiv; als objektiven Wahrheitsgehalt, als wertvollen Erkenntnisinhalt sehen sie nur das an, was mit Hilfe des Denkens von aussen an sie herankommt. Sie fangen zwar die Tatsachen in ihre Gedankennetze ein, lassen aber nur das Eingefangene als objektiv gelten. Sie ?bersehen, dass dieses Eingefangene durch das Denken eine Auslegung, Zurechtr?ckung, eine Interpretation erf?hrt, die es in der blossen Anschauung nicht hat. Die Mathematik ist ein Ergebnis reiner Gedankenprozesse, ihr Inhalt ist ein geistiger, subjektiver. Und der Mechaniker, der die Naturvorg?nge in mathematischen Zusammenh?ngen vorstellt, kann dies nur unter der Voraussetzung, dass diese Zusammenh?nge in dem Wesen dieser Vorg?nge begr?ndet sind. Das heisst aber nichts anderes als: in der Anschauung ist eine mathematische Ordnung verborgen, die nur derjenige sieht, der die mathematischen Gesetze in seinem Geiste ausbildet. Zwischen den mathematischen Raum- und Zahlenvorstellungen und den intimsten, geistigsten Erlebnissen ist aber kein Art-, sondern nur ein Gradunterschied. Und mit demselben Rechte wie die Ergebnisse der mathematischen Forschung kann der Mensch andere innere Erlebnisse, andere Gebiete seiner Ideenwelt auf die Anschauungen ?bertragen. Nur scheinbar stellt der Tatsachenfanatiker rein ?ussere Vorg?nge fest. Er denkt zumeist ?ber die Natur seiner Ideenwelt und ihren Charakter, als subjektives Erlebnis, nicht nach. Auch sind seine inneren Erlebnisse inhaltsarme, blutleere Abstraktionen, die von dem kraftvollen Tatsacheninhalt verdunkelt werden. Die T?uschung, der er sich hingiebt, kann nur so lange bestehen, als er auf der untersten Stufe der Naturinterpretation stehen bleibt, solange er bloss z?hlt, w?gt, berechnet. Auf den h?heren Stufen dr?ngt sich die wahre Natur der Erkenntnis bald auf. Man kann es aber an den Tatsachenfanatikern beobachten, dass sie sich vorz?glich an die unteren Stufen halten. Sie gleichen dadurch einem Aesthetiker, der ein Musikst?ck bloss darnach beurteilen will, was an ihm berechnet und gez?hlt werden kann. Sie wollen die Erscheinungen der Natur von dem Menschen absondern. Nichts Subjektives soll in die Beobachtung einfliessen. Goethe verurteilt dieses Verfahren mit den Worten: "Der Mensch an sich selbst, insofern er sich seiner gesunden Sinne bedient, ist der gr?sste und genaueste physikalische Apparat, den es geben kann, und das ist eben das gr?sste Unheil der neueren Physik, dass man die Experimente gleichsam vom Menschen abgesondert hat, und bloss in dem, was k?nstliche Instrumente zeigen, die Natur erkennen, ja, was sie leisten kann, dadurch beschr?nken und beweisen will." Es ist die Angst vor dem Subjektiven, die zu solcher Verfahrungsweise f?hrt, und die aus einer Verkennung der wahrhaften Natur desselben herr?hrt. "Daf?r steht ja aber der Mensch so hoch, dass sich das sonst Undarstellbare in ihm darstellt. Was ist denn eine Saite und alle mechanische Teilung derselben gegen das Ohr des Musikers? Ja man kann sagen, was sind die elementaren Erscheinungen der Natur selbst gegen den Menschen, der sie alle erst b?ndigen und modifizieren muss, um sie sich einigermassen assimilieren zu k?nnen?" Nach Goethes Ansicht soll der Naturforscher nicht allein darauf aufmerksam sein, wie die Dinge erscheinen, sondern wie sie erscheinen w?rden, wenn alles, was in ihnen als ideelle Triebkr?fte wirkt, auch wirklich zur ?usseren Erscheinung k?me. Erst wenn sich der leibliche und geistige Organismus des Menschen den Erscheinungen gegen?berstellt, dann enth?llen sie ihr Inneres.

Wer mit freiem, offenem Beobachtungsgeist und mit einem entwickelten Innenleben, in dem die Ideen der Dinge sich offenbaren, an die Erscheinungen herantritt, dem enth?llen diese, nach Goethes Meinung, alles, was an ihnen ist. Goethes Weltanschauung entgegengesetzt ist daher diejenige, welche das Wesen der Dinge nicht innerhalb der Erfahrungswirklichkeit, sondern in einer hinter derselben liegenden zweiten Wirklichkeit sucht. Ein Bekenner einer solchen Weltanschauung trat Goethe in Fr. H. Jacobi entgegen. Er macht seinem Unwillen in einer Bemerkung der Tag- und Jahreshefte Luft: "Jacobi von den g?ttlichen Dingen machte mir nicht wohl; wie konnte mir das Buch eines so herzlich geliebten Freundes willkommen sein, worin ich die These durchgef?hrt sehen sollte: die Natur verberge Gott! Musste bei meiner reinen, tiefen, angeborenen und ge?bten Anschauungsweise, die mich Gott in der Natur, die Natur in Gott zu sehen unverbr?chlich gelehrt hatte, so dass diese Vorstellungsart den Grund meiner ganzen Existenz ausmachte, musste nicht ein so seltsamer, einseitig beschr?nkter Ausspruch mich dem Geiste nach, von dem edelsten Manne, dessen Herz ich verehrend liebte, f?r ewig entfernen". Goethes Anschauungsweise gibt ihm die Sicherheit, dass er in der ideellen Durchdringung der Natur das ewig Gesetzm?ssige in ihr unmittelbar anschaut. Und dieses ewig Gesetzm?ssige ist ihm mit dem G?ttlichen identisch. Wenn das G?ttliche hinter den Naturdingen sich verbergen w?rde und doch das sch?pferische Element in ihnen bildete, k?nnte es nicht angeschaut werden; der Mensch m?sste an dasselbe glauben. In einem Briefe an Jacobi nimmt Goethe sein Schauen gegen?ber dem Glauben in Schutz: "Gott hat Dich mit der Metaphysik gestraft und Dir einen Pfahl ins Fleisch gesetzt, mich mit der Physik gesegnet. Ich halte mich an die Gottesverehrung des Atheisten und ?berlasse Euch alles, was ihr Religion heisst und heissen m?gt. Du h?ltst aufs Glauben an Gott; ich aufs Schauen." Wo dieses Schauen aufh?rt, da hat der menschliche Geist nichts zu suchen. In den Spr?chen in Prosa lesen wir: "Der Mensch ist wirklich in die Mitte einer wirklichen Welt gesetzt und mit solchen Organen begabt, dass er das Wirkliche und nebenbei das M?gliche erkennen und hervorbringen kann. Alle gesunden Menschen haben die ?berzeugung ihres Daseins und eines Daseienden um sich her. Indessen giebt es auch einen hohlen Fleck im Gehirn, d. h. eine Stelle, wo sich kein Gegenstand abspiegelt, wie denn auch im Auge selbst ein Fleckchen ist, das nicht sieht. Wird der Mensch auf diese Stelle besonders aufmerksam, vertieft er sich darin, so verf?llt er in eine Geisteskrankheit, ahnet hier Dinge einer andern Welt, die aber eigentlich Undinge sind und weder Gestalt noch Begrenzung haben, sondern als leere Nacht-R?umlichkeiten ?ngstigen und den, der sich nicht losreisst, mehr als gespensterhaft verfolgen." Aus derselben Gesinnung heraus ist der Ausspruch: "Das H?chste w?re, zu begreifen, dass alles Faktische schon Theorie ist. Die Bl?ue des Himmels offenbart uns das Grundgesetz der Chromatik. Man suche nur nichts hinter den Ph?nomenen; sie selbst sind die Lehre."

Kant spricht dem Menschen die F?higkeit ab, in das Gebiet der Natur einzudringen, in dem ihre sch?pferischen Kr?fte unmittelbar anschaulich werden. Nach seiner Meinung sind die Begriffe abstrakte Einheiten, in die der menschliche Verstand die mannigfaltigen Einzelheiten der Natur zusammenfasst, die aber nichts zu thun haben mit der lebendigen Einheit, mit dem schaffenden Ganzen der Natur, aus der diese Einzelheiten wirklich hervorgehen. Der Mensch erlebt in dem Zusammenfassen nur eine subjektive Operation. Er kann seine allgemeinen Begriffe auf die empirische Anschauung beziehen; aber diese Begriffe sind nicht in sich lebendig, produktiv, so dass der Mensch das Hervorgehen des Individuellen aus ihnen anschauen k?nnte. Eine tote, bloss im Menschen vorhandene Einheit sind f?r Kant die Begriffe. "Unser Verstand ist ein Verm?gen der Begriffe, d. i. ein diskursiver Verstand, f?r den es freilich zuf?llig sein muss, welcherlei und wie verschieden das Besondere sein mag, das ihm in der Natur gegeben werden kann und was unter seine Begriffe gebracht werden kann." Dies ist Kants Charakteristik des Verstandes . Aus ihr ergiebt sich folgendes mit Notwendigkeit: "Es liegt der Vernunft unendlich viel daran, den Mechanismus der Natur in ihren Erzeugungen nicht fallen zu lassen und in der Erkl?rung derselben nicht vorbei zu gehen; weil ohne diesen keine Einsicht in die Natur der Dinge erlangt werden kann. Wenn man uns gleich einr?umt: dass ein h?chster Architekt die Formen der Natur, so wie sie von jeher da sind, unmittelbar geschaffen, oder die, so sich in ihrem Laufe kontinuirlich nach eben demselben Muster bilden, pr?determinirt habe, so ist doch dadurch unsere Erkenntnis der Natur nicht im mindesten gef?rdert; weil wir jenes Wesens Handlungsart und die Ideen desselben, welche die Prinzipien der M?glichkeit der Naturwesen enthalten sollen, gar nicht kennen, und von demselben als von oben herab die Natur nicht erkl?ren k?nnen" . Goethe ist der ?berzeugung, dass der Mensch in seiner Ideenwelt die Handlungsart des sch?pferischen Naturwesens unmittelbar erlebt. "Wenn wir ja im Sittlichen, durch Glauben an Gott, Tugend und Unsterblichkeit uns in eine obere Region erheben und an das erste Wesen ann?hern sollen: so d?rft es wohl im Intellektuellen derselbe Fall sein, dass wir uns, durch das Anschauen einer immer schaffenden Natur, zur geistigen Teilnahme an ihren Produktionen w?rdig machten." Ein wirkliches Hineinleben in das Schaffen und Walten der Natur ist f?r Goethe die Erkenntnis des Menschen. Ihr ist es gegeben: "zu erforschen, zu erfahren, wie Natur im Schaffen lebt".

Es widerspricht dem Geist der Goetheschen Weltanschauung, von Wesenheiten zu sprechen, die ausserhalb der dem menschlichen Geiste zug?nglichen Erfahrungs- und Ideenwelt liegen und die doch die Gr?nde dieser Welt enthalten sollen. Alle Metaphysik wird von dieser Weltanschauung abgelehnt. Es gibt keine Fragen der Erkenntnis, die, richtig gestellt, nicht auch beantwortet werden k?nnen. Wenn die Wissenschaft zu irgend einer Zeit ?ber ein gewisses Erscheinungsgebiet nichts ausmachen kann, so liegt das nicht an der Natur des menschlichen Geistes, sondern an dem zuf?lligen Umstande, dass die Erfahrung ?ber dieses Gebiet zu dieser Zeit noch nicht vollst?ndig vorliegt. Hypothesen k?nnen nicht ?ber Dinge aufgestellt werden, die ausserhalb des Gebietes m?glicher Erfahrung liegen, sondern nur ?ber solche, die einmal in dieses Gebiet eintreten k?nnen. Eine Hypothese kann immer nur besagen: es ist wahrscheinlich, dass innerhalb eines Erscheinungsgebietes diese oder jene Erfahrung gemacht werden wird. ?ber Dinge und Vorg?nge, die nicht innerhalb des Feldes der Beobachtung liegen, kann innerhalb dieser Denkungsart gar nicht gesprochen werden. Die Annahme eines "Dinges an sich", das die Wahrnehmungen in dem Menschen bewirkt, aber nie selbst wahrgenommen werden kann, ist eine unstatthafte Hypothese. "Hypothesen sind Ger?ste, die man vor dem Geb?ude auff?hrt, und die man abtr?gt, wenn das Geb?ude fertig ist; sie sind dem Arbeiter unentbehrlich; nur muss er das Ger?ste nicht f?r das Geb?ude ansehen." Einem Erscheinungsgebiete gegen?ber, f?r das alle Wahrnehmungen vorliegen und das ideell durchdrungen ist, erkl?rt sich der menschliche Geist befriedigt. Er hat alles, was er f?r eine Erkl?rung braucht.

Die befriedigende Grundstimmung, die Goethes Weltanschauung f?r ihn hat, ist derjenigen ?hnlich, die man bei den Mystikern beobachten kann. Die Mystik geht darauf aus, in der menschlichen Seele den Urgrund der Dinge, die Gottheit, zu finden. Der Mystiker ist gerade so wie Goethe davon ?berzeugt, dass ihm in inneren Erlebnissen das Wesen der Welt offenbar werde. Nur gilt ihm die Versenkung in die Ideenwelt nicht als das innere Erlebnis, auf das es ankommt. ?ber die klaren Ideen der Vernunft hat er ungef?hr dieselbe Ansicht wie Kant. Sie stehen f?r ihn ausserhalb des schaffenden Ganzen der Natur und geh?ren nur dem menschlichen Verstande an. Der Mystiker sucht deshalb zu den h?chsten Erkenntnissen durch Erweckung besonderer Kr?fte zu gelangen. Er sucht durch Entwicklung ungew?hnlicher Zust?nde, z. B. durch Ekstase, zu einem Schauen h?herer Art zu gelangen. Er t?tet die sinnliche Beobachtung und das vernunftgem?sse Denken in sich ab, und sucht sein Gef?hlsleben zu steigern. Dann meint er in sich die wirkende Gottheit unmittelbar zu f?hlen. Er glaubt in Augenblicken, in denen ihm das gelingt, Gott lebe in ihm. Eine ?hnliche Empfindung ruft auch die Goethesche Weltanschauung in dem hervor, der sich zu ihr bekennt. Nur sch?pft sie ihre Erkenntnisse nicht aus Erlebnissen, die nach Ert?tung von Beobachtung und Denken eintreten, sondern eben aus diesen beiden Th?tigkeiten. Sie fl?chtet nicht zu abnormen Zust?nden des menschlichen Geisteslebens, sondern sie ist der Ansicht, dass die gew?hnlichen naiven Verfahrungsarten des Geistes einer solchen Vervollkommnung f?hig sind, dass der Mensch das Schaffen der Natur in sich erleben kann. "Es sind am Ende doch nur, wie mich d?nkt, die praktischen und sich selbst rektifizierenden Operationen des gemeinen Menschenverstandes, der sich in einer h?heren Sph?re zu ?ben wagt." In eine Welt unklarer Empfindungen und Gef?hle versenkt sich der Mystiker; in die klare Ideenwelt versenkt sich Goethe. Die Mystiker verachten die Klarheit der Ideen. Sie halten diese Klarheit f?r oberfl?chlich. Sie ahnen nicht, was Menschen empfinden, welche die Gabe haben, sich in die belebte Welt der Ideen zu vertiefen. Es friert den Mystiker, wenn er sich der Ideenwelt hingibt. Er sucht einen Weltinhalt, der W?rme ausstr?mt. Aber der, welchen er findet, kl?rt ?ber die Welt nicht auf. Er besteht nur in subjektiven Erregungen, in verworrenen Vorstellungen. Wer von der K?lte der Ideenwelt spricht, der kann Ideen nur denken, nicht erleben. Wer das wahrhafte Leben in der Ideenwelt lebt, der f?hlt in sich das Wesen der Welt in einer W?rme wirken, die mit nichts zu vergleichen ist. Er f?hlt das Feuer des Weltgeheimnisses in sich auflodern. So hat Goethe empfunden, als ihm die Anschauung der wirkenden Natur in Italien aufging. Damals wusste er, wie jene Sehnsucht zu stillen ist, die er in Frankfurt seinen Faust mit den Worten aussprechen l?sst:

"Wo fass' ich dich, unendliche Natur? Euch Br?ste, wo? Ihr Quellen alles Lebens, An denen Himmel und Erde h?ngt, Dahin die welke Brust sich dr?ngt --".

DIE METAMORPHOSE DER WELTERSCHEINUNGEN.

Den h?chsten Grad der Reife erlangte Goethes Weltanschauung, als ihm die Anschauung der zwei grossen Triebr?der der Natur: die Bedeutung der Begriffe von Polarit?t und von Steigerung aufgieng. Die Polarit?t ist den Erscheinungen der Natur eigen, insofern wir sie materiell denken. Sie besteht darin, dass sich alles Materielle in zwei entgegengesetzten Zust?nden ?ussert, wie der Magnet in einem Nordpol und einem S?dpol. Diese Zust?nde der Materie liegen entweder offen vor Augen, oder sie schlummern in dem Materiellen und k?nnen durch geeignete Mittel in demselben erweckt werden. Die Steigerung kommt den Erscheinungen zu, insofern wir sie geistig denken. Sie kann beobachtet werden bei den Naturvorg?ngen, die unter die Idee der Entwicklung fallen. Auf den verschiedenen Stufen der Entwicklung zeigen diese Vorg?nge die ihnen zu Grunde liegende Idee mehr oder weniger deutlich in ihrer ?usseren Erscheinung. In der Frucht ist die Idee der Pflanze, das vegetabilische Gesetz, nur undeutlich in der Erscheinung ausgepr?gt. Die Idee, die der Geist erkennt, und die Wahrnehmung sind einander un?hnlich. "In den Bl?ten tritt das vegetabilische Gesetz in seine h?chste Erscheinung, und die Rose w?re nur wieder der Gipfel dieser Erscheinung." In der Herausarbeitung des Geistigen aus dem Materiellen durch die schaffende Natur besteht das, was Goethe Steigerung nennt. Die Natur ist "in immerstrebendem Aufsteigen" begriffen, heisst, sie sucht Gebilde zu schaffen, die, in aufsteigender Ordnung, die Ideen der Dinge auch in der ?usseren Erscheinung immer mehr zur Darstellung bringen. Goethe ist der Ansicht, dass "die Natur kein Geheimnis habe, was sie nicht irgendwo dem aufmerksamen Beobachter nackt vor die Augen stellt". Die Natur kann Erscheinungen hervorbringen, von denen sich die Ideen f?r ein grosses Gebiet verwandter Vorg?nge unmittelbar ablesen lassen. Es sind die Erscheinungen, in denen die Steigerung ihr Ziel erreicht hat, in denen die Idee unmittelbare Wahrnehmung wird. Der sch?pferische Geist der Natur tritt hier an die Oberfl?che der Dinge; was an den grob-materiellen Erscheinungen nur dem Denken erfassbar ist, was nur mit geistigen Augen geschaut werden kann: das wird in den gesteigerten dem leiblichen Auge sichtbar. Alles Sinnliche ist hier auch geistig und alles Geistige sinnlich. Durchgeistigt denkt sich Goethe die ganze Natur. Ihre Formen sind dadurch verschieden, dass der Geist in ihnen mehr oder weniger auch ?usserlich sichtbar wird. Eine tote geistlose Materie kennt Goethe nicht. Als solche erscheinen diejenigen Dinge, in denen sich der Geist der Natur eine seinem ideellen Wesen un?hnliche ?ussere Form gibt. Weil ein Geist in der Natur und im menschlichen Innern wirkt, deshalb kann der Mensch sich zur Teilnahme an den Produktionen der Natur erheben. "Vom Ziegelstein, der dem Dache entst?rzt, bis zum leuchtenden Geistesblitz, der dir aufgeht und den du mitteilst" gilt f?r Goethe alles im Weltall als Wirkung, als Manifestation Eines sch?pferischen Geistes. "Alle Wirkungen, von welcher Art sie seien, die wir in der Erfahrung bemerken, h?ngen auf die stetigste Weise zusammen, gehen ineinander ?ber; sie undulieren von der ersten bis zur letzten." "Ein Ziegelstein l?st sich vom Dache los: wir nennen dies im gemeinen Sinne zuf?llig; er trifft die Schultern eines Vor?bergehenden, doch wohl mechanisch; allein nicht ganz mechanisch, er folgt den Gesetzen der Schwere, und so wirkt er physisch. Die zerrissenen Lebensgef?sse geben sogleich ihre Funktion auf; im Augenblicke wirken die S?fte chemisch, die elementaren Eigenschaften treten hervor. Allein das gest?rte organische Leben widersetzt sich eben so schnell und sucht sich herzustellen; indessen ist das menschliche Ganze mehr oder weniger bewusstlos und psychisch zerr?ttet. Die sich wiedererkennende Person f?hlt sich ethisch im tiefsten verletzt; sie beklagt ihre gest?rte Th?tigkeit, von welcher Art sie auch sei, aber ungern erg?be der Mensch sich in Geduld. Religi?s hingegen wird ihm leicht, diesen Fall einer h?heren Schickung zuzuschreiben, ihn als Bewahrung vor gr?sserem ?bel, als Einleitung zu h?herem Guten anzusehen. Dies reicht hin f?r den Leidenden; aber der Genesende erhebt sich genial, vertraut Gott und sich selbst und f?hlt sich gerettet, ergreift auch wohl das Zuf?llige, wendets zu seinem Vorteil, um einen ewig frischen Lebenskreis zu beginnen." Als Modifikationen des Geistes erscheinen Goethe alle Weltwirkungen, und der Mensch, der sich in sie vertieft und sie beobachtet von der Stufe des Zuf?lligen bis zu der des Genialen, durchlebt die Metamorphose des Geistes von der Gestalt, in der sich dieser in einer ihm un?hnlichen ?usseren Erscheinung darstellt, bis zu der, wo er in seiner ihm ureigensten Form erscheint. Einheitlich wirkend sind im Sinne der Goetheschen Weltanschauung alle sch?pferischen Kr?fte. Ein Ganzes, das sich in einer Stufenfolge von verwandten Mannigfaltigkeiten offenbart, sind sie. Goethe war aber nie geneigt, die Einheit der Welt sich als einf?rmig vorzustellen. Oft verfallen die Anh?nger des Einheitsgedankens in den Fehler, die Gesetzm?ssigkeit, die sich auf einem Erscheinungsgebiete beobachten l?sst, auf die ganze Natur auszudehnen. In diesem Falle ist z. B. die mechanistische Weltanschauung. Sie hat ein besonderes Auge und Verst?ndnis f?r das, was sich mechanisch erkl?ren l?sst. Deshalb erscheint ihr das Mechanische als das einzig Naturgem?sse. Sie sucht auch die Erscheinungen der organischen Natur auf mechanische Gesetzm?ssigkeit zur?ckzuf?hren. Ein Lebendiges ist ihr nur eine complicierte Form des Zusammenwirkens mechanischer Vorg?nge. In besonders abstossender Form fand Goethe eine solche Weltanschauung in Holbachs "Syst?me de la nature" ausgesprochen, das ihm in Strassburg in die H?nde fiel. "Eine Materie sollte sein von Ewigkeit, und von Ewigkeit her bewegt, und sollte nun mit dieser Bewegung rechts und links und nach allen Seiten, ohne weiteres, die unendlichen Ph?nomene des Daseins hervorbringen. Dies alles w?ren wir sogar zufrieden gewesen, wenn der Verfasser wirklich aus seiner bewegten Materie die Welt vor unsern Augen aufgebaut h?tte. Aber er mochte von der Natur so wenig wissen als wir; denn indem er einige allgemeine Begriffe hingepfahlt, verl?sst er sie sogleich, um dasjenige, was h?her als die Natur, oder was als h?here Natur in der Natur erscheint, zur materiellen, schweren, zwar bewegten, aber doch richtungs- und gestaltlosen Natur zu verwandeln, und glaubt dadurch recht viel gewonnen zu haben" . In ?hnlicher Weise h?tte sich Goethe ge?ussert, wenn er den Satz du Bois-Reymonds h?tte h?ren k?nnen: "Naturerkennen ist Zur?ckf?hrung der Ver?nderungen in der K?rperwelt auf Bewegungen von Atomen, die durch deren von der Zeit unabh?ngige Centralkr?fte bewirkt werden, oder Aufl?sung der Naturvorg?nge in Mechanik der Atome." Goethe dachte sich die Arten von Naturwirkungen mit einander verwandt und in einander ?bergehend; aber er wollte sie nie auf eine einzige Art zur?ckf?hren. Er trachtete nicht nach einem abstrakten Prinzip, auf das alle Naturerscheinungen zur?ckgef?hrt werden sollen, sondern nach Beobachtung der charakteristischen Art, wie sich die sch?pferische Natur in jedem einzelnen ihrer Erscheinungsgebiete durch besondere Formen ihrer allgemeinen Gesetzm?ssigkeit offenbart. Nicht eine Gedankenform wollte er s?mtlichen Naturerscheinungen aufzw?ngen, sondern durch Einleben in verschiedene Gedankenformen wollte er sich den Geist so lebendig und biegsam erhalten, wie die Natur selbst ist. Wenn die Empfindung von der grossen Einheit alles Naturwirkens in ihm m?chtig war, dann war er Pantheist. "Ich f?r mich kann bei den mannigfaltigen Richtungen meines Wesens, nicht an einer Denkweise genug haben; als Dichter und K?nstler bin ich Polytheist, Pantheist als Naturforscher, und eines so entschieden als das andere. Bedarf ich eines Gottes f?r meine Pers?nlichkeit als sittlicher Mensch, so ist daf?r auch schon gesorgt." . Als K?nstler wandte sich Goethe an jene Naturerscheinungen, in denen die Idee in unmittelbarer Anschauung gegenw?rtig ist. Das Einzelne erschien hier unmittelbar g?ttlich; die Welt als eine Vielheit g?ttlicher Individualit?ten. Als Naturforscher musste Goethe auch in den Erscheinungen, deren Idee nicht in ihrem individuellen Dasein sichtbar wird, die Kr?fte der Natur verfolgen. Als Dichter konnte er sich bei der Vielheit des G?ttlichen beruhigen; als Naturforscher musste er die einheitlich wirkenden Naturideen suchen. "Das Gesetz, das in die Erscheinung tritt, in der gr?ssten Freiheit, nach seinen eigensten Bedingungen, bringt das Objektiv-Sch?ne hervor, welches freilich w?rdige Subjekte finden muss, von denen es aufgefasst wird." Dieses Objektiv-Sch?ne im einzelnen Gesch?pf will Goethe als K?nstler anschauen; aber als Naturforscher will er "die Gesetze kennen, nach welchen die allgemeine Natur handeln will." Polytheismus ist die Denkweise, die in dem Einzelnen ein Geistiges sieht und verehrt; Pantheismus die andere, die den Geist des Ganzen erfasst. Beide Denkweisen k?nnen nebeneinander bestehen; die eine oder die andere macht sich geltend, je nachdem der Blick auf das Naturganze gerichtet ist, das Leben und Folge ist aus einem Mittelpunkte, oder auf diejenigen Individuen, in denen die Natur in einer Form vereinigt, was sie in der Regel ?ber ein ganzes Reich ausbreitet. Solche Formen entstehen, wenn z. B. die sch?pferischen Naturkr?fte nach "tausendf?ltigen Pflanzen" noch eine machen, worin "alle ?brigen enthalten", oder "nach tausendf?ltigen Tieren ein Wesen, das sie alle enth?lt: den Menschen."

Goethe macht einmal die Bemerkung: "Wer meine Schriften und mein Wesen ?berhaupt verstehen gelernt, wird doch bekennen m?ssen, dass er eine gewisse innere Freiheit gewonnen." Damit hat er auf die wirkende Kraft hingedeutet, die sich in allem menschlichen Erkenntnisstreben geltend macht. Solange der Mensch dabei stehen bleibt, die Gegenst?nde um sich her wahrzunehmen und ihre Gesetze als ihnen eingepflanzte Prinzipien zu betrachten, von denen sie beherrscht werden, hat er das Gef?hl, dass sie ihm als unbekannte M?chte gegen?berstehen, die auf ihn wirken und ihm die Gedanken ihrer Gesetze aufdr?ngen. Er f?hlt sich den Dingen gegen?ber unfrei; er empfindet die Gesetzm?ssigkeit der Natur als starre Notwendigkeit, der er sich zu f?gen hat. Erst wenn der Mensch gewahr wird, dass die Naturkr?fte nichts anderes sind als Formen des Geistes, der in ihm selbst wirkt, geht ihm die Einsicht auf, dass er der Freiheit teilhaftig ist. Die Naturgesetzlichkeit wird nur so lange als Zwang empfunden, so lange man sie als fremde Gewalt ansieht. Lebt man sich in ihre Wesenheit ein, so empfindet man sie als Kraft, die man auch selbst in seinem Innern beth?tigt; man empfindet sich als produktiv mitwirkendes Element beim Werden und Wesen der Dinge. Man ist Du und Du mit aller Werdekraft. Man hat in sein eigenes Thun das aufgenommen, was man sonst nur als ?usseren Antrieb empfindet. Dies ist der Befreiungsprozess, den im Sinne der Goetheschen Weltanschauung der Erkenntnisakt bewirkt. Klar hat Goethe die Ideen des Naturwirkens angeschaut, als sie ihm aus den italienischen Kunstwerken entgegenblickten. Eine klare Empfindung hatte er auch von der befreienden Wirkung, die das Innehaben dieser Ideen auf den Menschen aus?bt. Eine Folge dieser Empfindung ist seine Schilderung derjenigen Erkenntnisart, die er als die der umfassenden Geister bezeichnet. "Die Umfassenden, die man in einem stolzern Sinne die Erschaffenden nennen k?nnte, verhalten sich im h?chsten Sinne produktiv; indem sie n?mlich von Ideen ausgehen, sprechen sie die Einheit des Ganzen schon aus, und es ist gewissermassen nachher die Sache der Natur sich in diese Idee zu f?gen." Zu der unmittelbaren Anschauung des Befreiungsaktes hat es aber Goethe nie gebracht. Diese Anschauung kann nur derjenige haben, der sich selbst bei seinem Erkennen belauscht. Goethe hat zwar die h?chste Erkenntnisart ausge?bt; aber er hat diese Erkenntnisart nicht an sich beobachtet. Gesteht er doch selbst:

"Wie hast du's denn so weit gebracht? Sie sagen, du habest es gut vollbracht!" Mein Kind! Ich hab' es klug gemacht; Ich habe nie ?ber das Denken gedacht.


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